Abstrakter Expressionismus

Die Jahre des II. Weltkrieges markieren eine Zäsur in der modernen Kunstgeschichte. Die Orientierung amerikanischer Künstler an den stilistischen Entwicklungen in den europäischen Kunstzentren - allen voran Paris - weicht einer zunehmenden Emanzipation in den 1940er und 1950er Jahren. New York wird zum Mittelpunkt einer selbstbewussten Kunstszene, die mit dem Abstrakten Expressionismus und der Farbfeldmalerei völlig neue, radikale Ausdrucksmittel findet. Seit den 1940er Jahren wird sie auch unter dem Begriff „New York School“ zusammengefasst.


Die Bezeichnung erinnert an die „École de Paris“ und nimmt Bezug darauf, dass nun die in New York entstehende Kunst in ihrer Farbgewalt und Vitalität eine künstlerische Leitfunktion einnimmt und wegweisende Impulse nach Europa sendet.

Abstrakter Expressionismus - Inhaltsverzeichnis

Abstrakter Expressionismus - Unmittelbar, spontan und ungefiltert

Im Abstrakten Expressionismus wird mit der weitgehenden Abkehr von der abbildhaften Funktion der Prozess des Malens zum entscheidenden Faktor. Unmittelbar, spontan und ungefiltert übersetzt der Künstler mit dem malerischen Gestus seine Emotionen auf den Malgrund. Die temperamentvoll geführten gestischen Linien und Farbbahnen, wie sie exemplarisch bei den Action paintings Jackson Pollocks zu finden sind, entspringen einem rein subjektiven Empfinden, der Auseinandersetzung mit eigenen Ängsten, Visionen und prägenden Erlebnissen. Unterbewusstsein und Intuition liegen den Werken zugrunde, womit sie die Arbeitsweise des europäischen Surrealismus aufnehmen, der „écriture automatique“.

Abstrakter Expressionismus & Die Farbfeldmalerei

Die Farbfeldmalerei geht aus dem Abstrakten Expressionismus hervor. Die Grenzen sind fließend, so dass sich viele Künstler nicht eindeutig einer Stilrichtung zuordnen lassen. In ihrer reinsten Form ist sie gekennzeichnet von weitgehend homogenen, nebeneinander gesetzten Feldern in flächigem Farbauftrag auf großformatigen Bildgründen.
 
Die Farbe in ihrer puren Präsenz wird zum einzigen Bildgegenstand. Im Gegensatz zu der emotional aufgeladenen Farbbehandlung des Abstrakten Expressionismus ist die Farbfeldmalerei gekennzeichnet durch eine optische Beruhigung und Einheitlichkeit, sie besitzt jedoch eine vergleichbar eindrückliche Präsenz.

Abstrakter Expressionismus - Künstler

Arbeiten von Arshile Gorky, Helen Frankenthaler und Cy Twombly geben einen Einblick in die Vielfalt dieser bedeutenden Epoche. Die drei Künstler besetzen jeder für sich mit ihrem einzigartigen, wegweisenden Oeuvre maßgebliche Schnittstellen in der Entwicklung des Abstrakten Expressionismus.

Abstrakter Expressionismus - Arshile Gorky

Arshile Gorky (1904-1948) gilt neben Hans Hofmann, Jackson Pollock und Willem de Kooning als wichtigster Vertreter der ersten Generation der New York School. Gorky, eigentlich Vosdanig Manoog Adoian, emigriert auf der Flucht vor dem Völkermord in Armenien als Jugendlicher in die USA.
 
Seinem künstlerischen Interesse folgend bildet er sich zunächst autodidaktisch aus. 1924 lässt er sich in New York nieder, nimmt sein Pseudonym an und studiert an der National Academy of Design und der Grand Central School of Art, wo er später auch unterrichtet. Zunächst arbeitet der Künstler unter den stilistischen Einflüssen von Cézanne und Picasso, bereits 1930 nimmt er an einer Gruppenausstellung junger Künstler im Museum of Modern Art teil. Ein Jahr später richtet die Mellon Gallery in Philadelphia seine erste Einzelausstellung aus.
 
Ab Ende der 1920er Jahre orientiert sich Gorky am Kubismus, in seinen kubistisch angelehnten Konstruktionen finden sich aber auch erste biomorphe Formen, die von Joan Miró und André Masson inspiriert sind. Er befreundet sich mit dem gleichaltrigen Willem de Kooning, mit dem er ein Atelier teilt. Zu engen Freunden werden auch die Surrealisten André Breton und Roberto Matta in den 1940er Jahren, sie inspirieren ihn zu seinem persönlichen abstraktsurrealistischen Stil. Er kombiniert leuchtende Farbflecke, die durch Auftropfen und Verlaufen entstehen, mit biomorphen Formen aus zarten Linien. Seine Arbeiten schlagen eine Brücke von der europäischen Kunstgeschichte, die er lange studiert und intensiv nachempfunden hat, über den Surrealismus bis zum gestisch-impulsiven Duktus des Abstrakten Expressionismus.
 
Schwer gezeichnet von einer Krebserkrankung und den Folgen eines Autounfalls nimmt sich Arshile Gorky 1948 das Leben.

Der Abstrakte Expressionismus - Helen Frankenthaler

Helen Frankenthaler (1928-2011) ist die wichtigste Wegbereiterin der Farbfeldmalerei, ihr Werk geht aus dem Abstrakten Expressionismus hervor und führt hin zu einer reinen Arbeit mit Farbflächen.
 
Frankenthaler ist der zweiten Generation der New York School zuzurechnen. Sie studiert 1945 bis 1949 an einem privaten Kunstcollege in Vermont sowie an der Art Students League of New York. Anschließend wird sie Privatschülerin bei Hans Hofmann, dem deutschstämmigen Maler, der mit seiner New Yorker Kunstschule einen maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des Abstrakten Expressionismus und der Farbfeldmalerei ausübt.
 
Über den Kunstkritiker Clement Greenberg knüpft sie Kontakte zu den ersten Malern der New York School. Anfang der 1950er Jahre findet Frankenthaler ihren eigenen Stil, der anknüpft an frühe Arbeiten von Kandinsky, aber maßgeblich beeinflusst wird von Jackson Pollock. Sie pflegt in ihrer persönlichen Form des Action paintings eine lyrische, weniger dramatische Ausdrucksweise als ihre männlichen Kollegen. Durch das Durchtränken ungrundierter Leinwände mit dünnflüssiger Farbe, der ‚soak stain method‘, erreicht die Künstlerin transparent wirkende Farbflächen mit organisch-abstrakten Elementen. Ihr Malverfahren, bei dem Farbe und Malgrund zu einer Einheit verschmelzen, wird von Morris Louis und Kenneth Noland übernommen.
 
1958 heiratet Frankenthaler ihren Malerkollegen Robert Motherwell.
 
1960 zeigt das Jüdische Museum New York eine erste Retrospektive. Seit Beginn der 1960er Jahre nutzt die Künstlerin Acryl- anstelle von Ölfarbe für ihre Malerei, was stärkere Konturen und sattere Farben entstehen lässt, und beschäftigt sich mit druckgrafischen Techniken. Ausschlaggebende Inspirationsquelle für ihre Arbeiten sind Landschaft- und Natureindrücke.
 
Frankenthaler lehrt an den Universitäten von Yale und Princeton, in ihrem Spätwerk arbeitet sie auch als Bildhauerin und Bühnenbildnerin.

Abstrakter Expressionismus - Cy Twombly

Cy Twombly (1928 - 2011) gilt als einer der bekanntesten Vertreter des Abstrakten Expressionismus, nimmt in seinem biografischen und künstlerischen Werdegang jedoch eine Sonderrolle ein.
 
Twombly studiert an verschiedenen Hochschulen in Rome/Georgia, Boston und seiner Heimatstadt Lexington/Virginia, bevor er für ein Stipendium an die Art Students League nach New York geht. Dort kommt er lose in Kontakt mit den Vertretern der New York School. Er befreundet sich mit seinem Kommilitonen Robert Rauschenberg, auf dessen Anregung hin er 1951 und 1952 Kurse am Black Mountain College in North Carolina besucht, wo er von Robert Motherwell und Franz Kline unterrichtet wird.
 
Ein Reisestipendium ermöglicht dem Künstler 1952/1953 eine ausgedehnte Reise, teils gemeinsam mit Rauschenberg, durch Südeuropa und Nordafrika. Nach seiner Rückkehr unterhalten die Künstler kurzzeitig ein gemeinsames Atelier in New York und stellen in der Stable Gallery aus.
 
Zunehmend verlagert Twombly seinen Lebensmittelpunkt nach Italien, 1960 siedelt er mit seiner Familie nach Rom um. Im selben Jahr richtet die Leo Castelli Gallery in New York eine bedeutende Einzelausstellung aus. Rastlos bereist der Künstler in den folgenden Jahren den Mittelmeerraum und Nordafrika, mythologische, literarische und naturhistorische Themen dominieren sein Werk.
 
Der Künstler entwickelt eine unverwechselbare graffitiartige Bildsprache. In kurzen, schnellen Aktionsprozessen setzt er filigrane Chiffren auf den Bildgrund, die an Schriftzüge erinnern, arbeitet mit zarten Farbspuren und linienbetonten abstrakten Skizzen. Dabei kombiniert er verschiedenste Techniken und schafft Collagen. Neben seinen teils großformatigen Gemälden und Zeichnungen fotografiert Twombly und erarbeitet dreidimensionale Objekte.

Abstrakter Expressionismus - Weitere Künstler dieser Bewegung

Folgende Künstler trugen noch maßgeblich zur Entwicklung und Popularität des Abstrakten Expressionismus bei:

  1. Jackson Pollock (1912–1956): Bekannt für seine abstrakten Drip-Paintings, bei denen er die Farbe direkt auf die Leinwand tropfte oder warf. Pollock gilt oft als zentrale Figur des Abstrakten Expressionismus.
  2. Willem de Kooning (1904–1997): Ein niederländisch-amerikanischer Maler, der für seine expressiven, oft figurativen Arbeiten bekannt ist. Seine Werke zeichnen sich durch wilde Pinselstriche und lebendige Farben aus.
  3. Mark Rothko (1903–1970): Berühmt für seine abstrakten Gemälde mit großen, farbigen Flächen, die oft tiefe emotionale Wirkung erzeugen. Rothko entwickelte den Stil des sogenannten "Color Field Painting".
  4. Clyfford Still (1904–1980): Ein weiterer wichtiger Vertreter des Abstrakten Expressionismus, der für seine großen, abstrakten Gemälde mit starken Kontrasten und dynamischen Formen bekannt ist.
  5. Franz Kline (1910–1962): Bekannt für seine kraftvollen, oft monochromen abstrakten Gemälde, die von breiten, dynamischen Pinselstrichen dominiert sind.
  6. Lee Krasner (1908–1984): Eine bedeutende Künstlerin, die auch mit Jackson Pollock verheiratet war. Ihre Werke reichen von abstrakten Expressionismus bis zu Collagen und zeigen eine breite stilistische Vielfalt.
  7. Robert Motherwell (1915–1991): Ein führender Vertreter des Abstrakten Expressionismus, der sowohl als Maler als auch als Theoretiker bekannt war. Er setzte sich intensiv mit den Ideen und Prinzipien dieser Kunstbewegung auseinander.

Unser Beitrag zum Thema Expressionismus

Auktionen mit Kunstwerken des abstrakten Expressionismus

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Photographie Zeitgenössische Kunst Moderne Kunst
Mittwoch 07. 06. 2023, 11:00
Lot 100 - 275
Auktion 1224
Auktion
Köln
Mittwoch, 7. Juni 2023
11 Uhr: Lot 100 – 275
Vorbesichtigung
Köln
Donnerstag/Freitag, 1./2. Juni, 10 – 17.30 Uhr
Samstag, 3. Juni, 10 – 16 Uhr
Sonntag, 4. Juni, 11 – 16 Uhr
Montag, 5. Juni, 10 – 17.30 Uhr
Vernissage
Mittwoch, 31. Mai, 18 Uhr

Berlin, Poststr. 22 (In Auswahl)
Dienstag, 23. Mai, 10 – 21 Uhr
Mittwoch, 24. Mai, 10 – 17 Uhr
Vernissage
Dienstag, 23. Mai, 18 Uhr
Katalog
PDF-Katalog

Auction 1223 - Evening Sale - Moderne Kunst

Photographie Zeitgenössische Kunst Moderne Kunst
Dienstag 06. 06. 2023, 18:00
Lot 1 - 97
Auktion 1223
Auktion
Köln
Dienstag, 6. Juni 2023
18 Uhr: Lot 1 – 97
Vorbesichtigung
Köln
Donnerstag/Freitag, 1./2. Juni, 10 – 17.30 Uhr
Samstag, 3. Juni, 10 – 16 Uhr
Sonntag, 4. Juni, 11 – 16 Uhr
Montag, 5. Juni, 10 – 17.30 Uhr
Vernissage
Mittwoch, 31. Mai, 18 Uhr

Berlin, Poststr. 22 (In Auswahl)
Dienstag, 23. Mai, 10 – 21 Uhr
Mittwoch, 24. Mai, 10 – 17 Uhr
Vernissage
Dienstag, 23. Mai, 18 Uhr
Katalog
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Vergangenen Auktionen mit Werken von abstrakten Expressionismus

Abstrakter Expressionismus - Preise

Ein paar Beispiele für Abstrakter Expressionismus-Preise aus unseren vergangenen Auktionen:

Abstrakter ExpressionismusAuktion - Lot Nr. Objekt Preis
Abstrakter ExpressionismusAuktion 1200 - Lot 11

Helen Frankenthaler - Ohne Titel

113.400 €
Abstrakter ExpressionismusAuktion 1188 - Lot 273

Mark Tobey - Ohne Titel

3.125 €
Abstrakter ExpressionismusAuktion 1188 - Lot 275

Mark Tobey - Cadre vert

4.000 €
Abstrakter ExpressionismusAuktion 1177 - Lot 3

William Nelson Copley - Ohne Titel

262.500 €
Abstrakter ExpressionismusAuktion 1177 - Lot 4

William Nelson Copley - Ohne Titel

137.500 €

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