Netsuke

Netsuke - Ein Vorzug der Kunst ist es, rein über das Visuelle die Emotionen des Betrachtenden zu erreichen. Dementsprechend bleibt die Frage nach einem rational nachvollziehbaren Nutzen oft unbeachtet. Das Japan des 17. Jahrhunderts gebar jedoch aus reinem Utilitarismus eine Kunst, die bis heute nicht nur über die visuelle Erfahrung, sondern auch über ihre Haptik das Gefallen weltweiter Sammler zu wecken weiß – das Netsuke.

Netsuke - Designten Nutzen und nützliches Design - Vom Gürtel in die Sammlung

Inhaltsverzeichnis

  • Fundobjekt wird Kunstobjekt
  • Typen und Materialien von Netsuke
  • Jagen, Kaufen und Sammeln - eine Einleitung zum Netsuke sammeln
  • Auktion - Asiatische Kunst, Netsuke
  • Online Kataloge
  • Ansprechpartner​​​​​​​

Netsuke - Fundobjekt wird Kunstobjekt

Da die traditionelle Kleidung Japans keine Taschen vorsah, mussten im 17. Jahrhundert die Gegenstände des täglichen Gebrauchs, etwa Siegel, Stempelfarbe oder auch Medizin in Stapeldosen (sog. inrō) untergebracht werden. (Abb. 1)  Auch Täschchen aus Leder (dôran) oder Geldbeutel (kinchaku) mussten mitgeführt werden. Diese Objekte (zusammengefasst unter dem Begriff sagemonojap. = Hängesachen) mussten folglich am Gürtel (obi) befestigt werden. Hierfür bediente man sich eines Knebels. Der japanischen Wortbedeutung entsprechend (ne = Wurzel; tsuke = hängen) wird angenommen, dass zunächst einfachste Fundobjekte wie verformte Wurzelholzstücke verwendet wurden. Jedoch ist wahrscheinlich, dass auch Knochen oder andere Fundstücke eine tragende Rolle spielten. Zwei miteinander verbundene Löcher (himotoshi) ermöglichten es, eine Schnur durch das Objekt zu führen, um daran alles Notwendige anzuhängen. (Abb. 2) Von diesen Fundobjekten ausgehend, wurde der Knebel zunehmend künstlerisch ausgearbeitet. 

 

Netsuke Figuren
Typen und Materialien

Eine trennscharfe Kategorisierung der Netsuke in verschiedene Typen fällt schwer.

Katabori-Netsuke

Gemeinhin gilt der Begriff katabori-netsuke als gültige Bezeichnung aller vollrund-plastisch ausgearbeiteten Stücke. Deren fast unerschöpflicher Motivreichtum spiegelt ab dem 17. Jahrhundert (Abb. 3) und bis hin zu zeitgenössischen Schnitzereien (Abb. 4) die diesseitige Welt Japans in Natur und Gesellschaft, aber auch all transzendentales und phantastisches wider. Ein Aperçu aus all diesen Motiven bietet die Sammlung des Verlegers Albert Brockhaus (1855 - 1921). In seiner Publikation "Versuch einer Geschichte der japanischen Schnitzkunst" (Abb. 5) publiziert der Leipziger Sammler nicht nur eine der bekanntesten und renommiertesten Netsuke-Sammlungen der Welt.

 

Anabori und Ittobori

Der Vollständigkeit halber seien hier noch der Typus des anabori und des ittobori erwähnt. Beide Netsuke Typen sind jedoch weniger als Typus, denn als Terminus technicus für ihre Art der Ausarbeitung zu verstehen. Ein weiterer Netsuke Typus ist jener der manju (Abb. 6) und kagamibuta. (Abb. 7) Beide sind in ihrer Form von runder, laibchenförmiger Gestalt. Der Name manju leitet sich von den gleichnamigen Reiskuchen ab. Gedrechselt und beschnitzt, bietet dieser Typus ein klar umrissenes und gleichzeitig motivisch weitreichendes Sammlungsfeld.

Kagamibuta

Beim Typus des kagamibuta wird einmal mehr der Pragmatismus klar, welcher der Entwicklung jenes Typus zu Grunde lag. 

Der von den Portugiesen importierte Tabak erfreute sich speziell im Japan des 17. Jahrhunderts wachsender Beliebtheit und verlangte vom modisch bewussten Japaner das Mitführen seiner Rauchutensilien. Der Tabakbehälter (Abb. 8) (tonkotsu) und die dazu passende Pfeife (Abb. 9) samt Pfeifenbehälter (Abb. 10) (kiseru und kiseruzutsu) bedurften einer etwas belastbareren Fixierung am Gürtel. Durch die Schale wurden die Utensilien mit einer kreisrunden Metallplatte verbunden. Diese oben aufliegende Metallplatte wurde selbstredend verziehrt. Sei es mit Gravuren oder aufwendigen Einlegearbeiten. Einmal mehr zeigt sich wie sehr Utlitarismus und dessen künstlerische Interpretation in Japan verwoben waren. Sei es bei den Motiven oder auch der Wahl der Materialien.
 

Neben Metallen beim Typus des kagamibuta  sind bei den katabori-netsuke Elfenbein, Hirschhorn, Holz und Koralle die geläufigsten Materialien. Diese Angaben sind jedoch lediglich als grobe Oberbegriffe zu verstehen, unter dem sich zahllose zu bestimmende Arten tummeln.

Der Aspekt des Materials ist für eine allumfassende kunsthistorische Einordnung und Bewertung eines Netsuke wichtig. Wie eng Materialbeschaffenheit und Ausarbeitung miteinander einhergingen, zeigt sich bei Stücken aus der Region Kyôto des 18. Jahrhunderts. Aufgrund der Kostbarkeit des Elefanten-Elfenbeins (zôge), welches ab dem 17. Jahrhundert von den Holländern importiert wurde, musste der jeweilige Schnitzer äußerst sparsam mit seinen Ressourcen umgehen. Die charakteristische Grundform der Stücke rührt daher, dass die Zähne vorab zerteilt (im Kyôtoer Teramachi-Viertel waren beispielsweise ganze Werkstätten angesiedelt, in denen ausschließlich Elfenbeinstoßzähne zugeschnitten wurden) und dann ein kleinstmögliches dreieckiges Teilsegment, des oberen Zahnstückes zum Schnitzen verwendet wurde (Abb. 11) . Spätere Ausführungen des 19. Jahrhunderts mit aufwendigen Einlegearbeiten zeugen von der zunehmenden Popularität aber auch von der Materialkenntnis der netsukeshi (jap. = Netsuke-Schnitzer) (Abb. 12).

 

Netsuke kaufen, Netsuke sammeln - eine Einleitung zum Netsuke sammeln

Auf die Frage, wie viele Netsuke man brauche, um diese Gruppe als Sammlung zu bezeichnen, antwortete der bekannte Sammler Ted Wrangham (1928 - 2009) einst:

"Drei. Zwei zum behalten, eines zum Eintauschen." 

Nun steht es jedem selbst frei seinen Besitz zur Sammlung zu erheben. Für manche Sammler bedarf es erst eines Sammlungskonzeptes. Beispielsweise das Sammeln aller Zodiak-Tiere, oder auch die Darstellung eines Glücksgottes durch sämtliche Epochen und Schulen. Bei vielen Sammlungen jedoch scheint das Herz die größte kuratierende Macht zu besitzen.

Über die letzten Jahre lässt sich eine Zunahme derer Käufe verzeichnen, die aufgrund von Signaturen getätigt wurden. Werke von MasanoTomotadaIkkan oder Kokusai  gelten als Garant hoher Zuschläge und langanhaltenden Wertes. Angesichts der hohen Anzahl unsignierter Netsuke gestaltet sich eine Zuschreibung oftmals schwierig. Genau dies jedoch ist der Nährboden für Einsteiger, um über den Dialog mit anderen Sammlern eine Expertise zu erlangen. Netsuke-Auktionen mit internationalem Publikum werden Wochen vorher bereits auf Foren wie das der International Netsuke Society sondiert und Objekt um Objekt analysiert. Diskussionen über eine Schnitzer-typische Oberflächenbehandlung eines Netsuke des 18. Jahrhunderts aus Walrosszahn ergehen sich dort über mehrere Seiten.

Wo also anfangen als Netsuke-Sammler?

Und was bietet sich als Einsteiger an?Generell lassen sich folgende Ratschläge erteilen:

  1. Anfassen geht vor Anschauen 
  2. Stilkritische Argumentation erfreut sich unter Kennern größerer Beliebtheit, als der unbegründete Glauben an eine Signatur. Sollte diese Argumentation noch nicht möglich sein, halte man sich an Punkt 3)
  3. Jedem Netsuke-Kauf sollten drei gekaufte Fachbücher vorausgehen
  4. "Go for what you love" - Kaufe was Dir gefällt (wirklich, auch wenn man damit alleine dasteht)

Jedem - unabhängig vom Kenntnisstand - sei an dieser Stelle empfohlen eine möglichst große Zahl an Netsuke in dessen Sammlerleben in Händen gehalten zu haben. Sammlungen wie u. a. die des Musée du Cinquantenaire in Brüssel, des British Museum und des Vicoria & Albert Museum in London, des Völkerkundemuseum in Leiden, des Lindenmuseum in Stuttgart und des Museum für Ostasiatische Kunst in Köln beherbergen Sammlungen teils beeindruckender Stücke. Eine Möglichkeit zu Hautkontakt mit den Objekten ist nicht immer einfach, jedoch in jedem Fall ein Versuch wert.

Auch die einmal jährlich stattfindende Netsuke Convention1 bietet die Möglichkeit mit international gehandelten Stücken und deren Sammler in Kontakt zu kommen. Das Rahmenprogram mit Vorträgen, Workshops und Auktionen bietet die Möglichkeit detailliert in einzelne Bereiche dieser Schnitzkunst einzutauchen. Am einfachsten jedoch ist der regelmäßige Besuch in den Vorbesichtigungen spezialisierter Auktionshäuser. Auch Lempertz gibt zweimal jährlich Gelegenheit dazu. Zuweilen bedarf es an den Vitrinen ein wenig körperlichen Durchsetzungsvermögens. Doch Achtung, sobald der Weg zu den Stücken frei ist, werden sie bei Blick- und Hautkontakt mit Netsuke schnell in deren Bann gezogen. Dann hängt man an ihnen wie ein inrō.

[1]  Die kommende Netsuke Convention findet vom 6. - 10. Juni 2017 in Köln statt. Interesse? Melden Sie sich bei uns!

Netsuke-Auktionen

Alle Informationen zu unseren nächsten Netsuke-Auktionen finden Sie auf unserer Seite:Auktionen
Oder auf der Seite der zuständigen Abteilung:Asiatische Kunst

 

Kommende Auktionen - Netsuke

Auktion 1235 - Asiatische Kunst

Asiatische Kunst
Freitag 08. 12. 2023, 11:30
Lot 1 - 447
Auktion 1235
Auktion
Köln
Freitag, 8. Dezember 2023

11.30 Uhr
Vorbesichtigung
Köln
Samstag, 2. Dezember, 10 – 17.30 Uhr
Sonntag, 3. Dezember, 11 – 16.00 Uhr
Montag, 4. Dezember – Donnerstag, 7. Dezember, 10 – 17.30 Uhr
Katalog
PDF-Katalog

Auktion 1236 - Asian Arts Online

Dienstag 21. 11. 2023 - Freitag 15. 12. 2023
Auktion
Asian Arts Online
21. November – 15. Dezember 2023

Lot 500 – 771

Die Auktion 1236 - Asian Arts Online findet als Online Only-Auktion zwischen dem 21 November und 15 Dezember 2022 statt. In dieser Zeit können Sie im Internet auf die Lose der Auktion bieten.

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Vorbesichtigung
Vorbesichtigung jederzeit möglich.

Unsere vergangenen Netsuke-Auktionen

Netsuke Preise

Ein paar Beispiele für Netsuke-Preise, die in Lempertz-Auktionen versteigert wurden:

NetsukeAuktion - Lot Nr. Objekt Preis
Netsuke Auktion 865 - Lot 852Holländer mit erlegtem Hasen. Elfenbein und Koralle. Kyoto. 18. Jh.126.000 €
Netsuke Auktion 1157 - Lot 536

Pferd. Elfenbein. Kyoto. Mitte 18. Jh.

80.000 €
Netsuke Auktion 1157 - Lot 532

Springender Hase. Buchsbaum. Tanba. 19. Jh.

62.000 €
Netsuke Auktion 1190 - Lot 360

Zurückschauender Tiger. Elfenbein. Ca. 1780

30.000 €
Netsuke 

Auktion 1036 - Lot 243

Ein sehr ungewöhnliches Hirschgeweih-Netsuke eines Amaryû. Zweite Hälfte 19. Jh.

29.280 €

Netsuke Auktion 1006 - Lot 916Zwei Fische. Elfenbein. Kyoto. Spätes 18. Jh.27.000 €
Netsuke Auktion 1157 - Lot 533

Zwei Hasen über Wellen springend. Maritimes Elfenbein. 18. Jh.

26.000 €

Ansprechpartner

Adrian Heindrichs B.A.

Asiatische Kunst

+49 221 925729-74heindrichs@lempertz.com

Noemi Stubbe M.A.

Asiatische Kunst

+49 221 925729-92stubbe@lempertz.com

Yang Yang B.A.

Asiatische Kunst

+49 221 925729-38yang@lempertz.com

Ilona Ciesielski M.A.

Asiatische Kunst

+49 221 925729-36ciesielski@lempertz.com

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