The Twinight Collection - Königliches Porzellan aus Berlin, Sèvres und Wien

Am 7. November ist es soweit: Der erste Teil der legendären Twinight Collection wird bei Lempertz in Berlin versteigert!

Die Sammlung des New Yorker Geschäftsmann Richard Baron Cohen ist unumstritten die weltweit größte und bedeutendste Porzellan-Privatsammlung der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Bis auf die Eremitage in Sankt Petersburg gibt es keinen vergleichbaren Überblick über das europäische Porzellanschaffen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Der leidenschaftliche Sammler hat über Jahre hinweg die Welt bereist und Spitzenstücke sowie königliche Aufträge der Manufakturen Berlin, Sèvres und Wien zusammengetragen.

Die Twinight Collection wurde bereits im Metropolitan Museum of Art in New York, im Liechtenstein Museum in Wien sowie im Schloss Charlottenburg in Berlin gezeigt und stellt sehr deutlich den Wissensaustausch, sowie die technischen und künstlerischen Querverbindungen der führenden europäischen Porzellan-Manufakturen jener Zeit dar. Der gegenseitige Einfluss der europäischen Porzellan-Manufakturen ab der Jahrhundertwende manifestiert sich in diversen Servicen unterschiedlicher Thematik. So regten beispielsweise Napoleons Expeditionen an den Nil 1798-1801 nahezu alle Manufakturen zu neuen Formen und Dekoren im ägyptischen Stil an und auch die Mode der Kameen-Malerei, die auf die Illusion baute, dass es sich um einen Steinschnitt handelt, dessen Optik perfekt imitiert werden konnte, wurde von allen drei Manufakturen gleichermaßen kultiviert.

Highlights der KPM – Königliche Porzellan Manufaktur

Teuerstes Objekt der Auktion ist eine auf 200.000 - 250.000 Euro geschätzte KPM Vase Münchner Sorte Nr. 2 mit acht Ansichten von Berlin. Ein Eintrag im königlichen "Conto-Buch" belegt, dass die 60 cm hohe Vase 1838 als Geburtstagsgeschenk für den Kronprinzen Maximilian (II.) bestimmt worden war. Seit der Vermählung des preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm (IV.) mit der Prinzessin Elisabeth von Bayern im Jahre 1823, setzte ein kultureller Austausch durch gegenseitige königliche Geschenke ein, die teils mit preußischen Stadtansichten, teils mit bayrischen Alpenmotiven geziert waren. 

Eine KPM Vase mit der Schlacht von Vitoria aus dem Jahr 1817 ist mit einem Schätzpreis von 150.000 - 200.000 Euro ein weiteres bedeutendes und hochpreisiges Objekt der Auktion. Friedrich Wilhelm III gab nach den Befreiungskriegen gegen Napoleon Bonaparte zahlreiche Bestellungen für verdienstvolle Briten bei der KPM in Auftrag. Eine gleiche Vase mit der darauf abgebildeten Schlacht im baskischen Vitoria ist als Geschenk für den Herzog von Wellington bekannt und steht in Apsley House. 

Ein weiteres Highlight sind drei Paar Flaschenkühler aus dem Hochzeitsservice der Prinzessin Luise von Preußen und Prinz Friedrich der Niederlande. (Schätzpreis pro Paar 40.000 - 60.000 Euro). Der Tradition des preußischen Hofes entsprechend, erhielten die Töchter Friedrich Wilhelm III bei ihrer Vermählung umfangreiche Tafel- und Dessertservice der KPM, die mit topographischen Ansichten des Preußischen Königreichs geschmückt waren. Für Prinzessin Luise waren die Porzellangefäße mit Motiven der Berliner Bauwerke und des Schlossparks von Charlottenburg auch kostbare Erinnerungen an die Orte ihrer Kindheit.

Das auf 60.000 - 80.000 Euro geschätzte Seltenes Service mit Mikromosaikmalerei auf Tablett (um 1815) ist ein weiteres Objekt, das die Besonderheit der Twinight Collection unterstreicht. Durch das Wirken von Johann Joachim Winckelmann kam in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Technik des Mikromosaiklegens und die Marketerie ähnliche Verarbeitung der Halbedelsteine (commesso in pietre dure) in Florenz wieder in Mode. Der opificio di pietre dure schuf nun große Aufträge für Fürstenhäuser und betuchte Sammler, aber auch kleine touristische Objekte, die von der Grand tour als Souvenirs mitgebracht wurden. Die Antikenliebe des preußischen Königshauses, vielleicht aber auch die beliebten Konkurrenzprodukte der Manufaktur des Josiah Wedgwood, veranlasste die KPM zu einer Reaktion auf diese Mode. Dabei stand im Vordergrund, ein Produkt zu erstellen, das zwar modisch ist, aber trotzdem in allen Details preziös wirkt - ein risikoreiches und aufwändiges Unterfangen. Bemerkenswert ist, dass die Manufaktur bei der Umsetzung in Porzellanmalerei auf drucktechnische Hilfsmittel ganz verzichtete: Jedes Steinchen wurde einzeln gepinselt. Aber auch der Formentwurf ist außergewöhnlich, er verbindet auf elegante und spannungsvolle Weise die Impulse aus der römischen Antike mit ägyptischen Elementen. Das Ensemble stellt heute noch eine große Rarität dar, ein Höhepunkt der Porzellankunst der KPM in der Regierungszeit Friedrich Wilhelms III.

Eine weitere Rarität ist ein kleines Bild mit Ansicht des Rittersaals (Schätzpreis 30.000 - 50.000 Euro). Die 29 x 33 cm große Porzellanplatte wurde im Auftrag von Friedrich Wilhelm IV von dem schwedischen Künstler Theophron Kjellberg angefertigt und zeugt von beispielsloser Präzision.

Highlights der Manufacture nationale de Sèvres

Die Offerte umfasst einen auf 15.000 - 20.000 Euro geschätzten Seltenen Teller aus dem Service des Départements aus dem Jahre 1828. Der Direktor der Manufaktur von Sèvres, Alexandre Brongniart hatte dieses Dessertservice ursprünglich für einen Souverän entworfen: zunächst war es für Karl X., später für Louis Philippe gedacht. Heute befinden sich die meisten Teller im französischen Außenministerium sowie in Museen in Paris und New York.

Herausragend ist auch ein 24x18,4cm großes Porzellanbild mit Portrait Napoleon I. im Krönungsornat aus dem Jahre 1806, das auf 30.000 - 50.000 Euro geschätzt wird.

Außerdem glänzt die Manufaktur Sèvres mit einem Teller mit dem Kameenbildnis des Aeneas, dem Mythos nach Urahn von Romulus und Remus und damit Ahnherr der ewigen Stadt. (Schätzpreis 6.000 - 8.000 Euro). 

Des Weiteren kommen insgesamt sechs Teller aus dem Service Pêches zum Aufruf, die jeweils auf 4.000 - 6.000 Euro geschätzt sind. Das Service Pêches wurde am 1. Mai 1840 erstmals vorgestellt mit sieben Tellern, von denen jeder ein anderes Motiv aufwies. Die Vorlagen für die Motive lieferte Ambroise Louis Garneray (1783-1857), ein Marinemaler und Kupferstecher mit einem abenteuerlichen Lebenswandel. Sein Vater war Schüler von Jacques Louis David. Den jungen Ambroise hielt wenig in Frankreich. Schon im Alter von 13 Jahren heuerte er auf einem Schiff an und reiste nach Indien. Auf der Belle Poule geriet er 1806 in britische Gefangenschaft. Nach dem Sturz Napoleons zurück in Frankreich begann seine Malerkarriere, die ihn auch nach Sèvres führte, wo man seinen Sujets großes Interesse entgegenbrachte. Im Oktober 1838 unterschrieb er einen Vertrag mit der Porzellanmanufaktur, zunächst für das Service Marine. Das Service Pêches wurde 1846 ausgeweitet auf das Thema Pêches maritimes. Man konnte jetzt nicht nur Teller dieses Motivs erwerben, sondern auch Compotières und muschelförmige Schalen. Es blieb bis 1852 in Produktion.

Highlights der Wiener Porzellanmanufaktur

Herausragend ist das auf 30.000 - 40.000 Euro geschätzte Déjeuner mit Ansichten kaiserlicher Schlösser in Wien und Umgebung aus dem Jahr 1816-17. Wie das bayerischbaue Rautenband vermuten lässt, wurde das außergewöhnliche Service vermutlich aus Anlass der Hochzeit des österreichischen Kaisers Franz I. mit Karoline Auguste von Bayern (1792-1873) angefertigt.

Ein weiterer Höhepunkt ist das Dreiteilige Schreibset mit Ansichten von Wien aus dem Jahr 1826, bemalt von Jakob Schufried. Es entstand in nachweislich königlichem Auftrag. Im Verzeichnis der "Im Militär im Jahre 1828 an Seine k:k: apost. Majestät dem Kaiser abgegangenen und unberichtiget gebliebenen Gegenstände" ist das Schreibzeug als Geschenk "Für seine königliche Hoheit, den Bruder Seiner Majestät des Königs von Preußen" unter dem 1. Oktober erwähnt. Der Kaiser bezahlte das Schreibzeug aus seiner Schatulle mit 120 Gulden. (Lehner Jobst, ibd., S. 370) Als Beschenkte kämen drei Prinzen in Frage: Heinrich (1781-1846), Wilhelm (1783-1851) und Friedrich Wilhelm Graf von Brandenburg (1792-1850, aus der morganatischen Ehe Friedrich Wilhelms II. mit Sophie von Dönhoff). (Schätzpreis 10.000 - 15.000 Euro).

Das auf 10.000 - 15.000 Euro geschätzte Tablett mit Wiener Kameenmalerei wird dem Maler Lorenz Herr zugeschrieben. Auf dem Tablett ist die berühmte römische Gemma Augustea aus der Gemmen- und Kameensammlung des Kunsthistorischen Museums Wien abgebildet, ein römischer Steinschnitt aus der frühen Kaiserzeit, 9-12 n.Chr. datiert. Joseph Calasanz, Ritter von Arneth, publizierte die Gemme, die als der Cameo schlechthin gilt, nach einer Zeichung von Fendi 1849 in "Die antiken Cameen des k. k. Münz- u. Antiken-Cabinettes". Schon über 30 Jahre vor dieser Publikation entstand dieses außergewöhnliche Tablett, das als eines der bedeutendsten Stücke der Wiener Porzellanmanufaktur unter der Leitung von Conrad von Sorgenthal den Stand der Kameenmalerei dokumentiert.

Das Tête à tête im ägyptischen Stil aus den Jahren 1799-1802 und ist auf 15.000 - 20.000 Euro geschätzt und besteht aus einem ovalem Tablett mit Gitterrand, einer Kanne in Form einer ägyptischen Kanope, einer Dose auf ovalem Grundriss mit Deckel und plastischem Krokodilknauf, einer Dose auf rundem Grundriss und zwei Henkeln mit Deckel und plastischem Sphingenknauf sowie zwei Tassen mit Untertassen.