Robert Rotar sah in der Spirale einen Schlüssel zum Verständnis der Welt. Die vermeintlich einfache Form wurde bei dem deutschen Maler, Fotografen und Performer zu einem komplexen Denkmodell, das er in einem kaum zu durchdringenden System aus Zahlen und Symbolen künstlerisch ausführte.
(...) WeiterlesenRobert Rotar - Kunststudium in Bremen und Köln
Robert Rotar wurde am 24. Juni 1926 in Berlin geboren. Unter seinem bürgerlichen Namen Holger Skiebe war er von 1935 bis 1941 Schüler der Waldorfschule in Berlin, im Anschluss besuchte er die Schule in Vitte auf Hiddensee. Die nationalsozialistischen Machthaber erzwangen deren Auflösung und brachten Rotar in das Landerziehungsheim Schondorf am Ammersee, wo er bis 1944 blieb. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs musste er noch als Flakhelfer, Funker und Panzerfahrer Dienst tun, ehe er in Dänemark in Kriegsgefangenschaft geriet. In den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren versuchte sich Robert Rotar mit wechselndem Erfolg in verschiedenen Berufen, arbeitete als Gärtner, Imker und Schreiner. Gleichzeitig absolvierte er ein Abendstudium an der Bremer Kunstschule, an das sich noch einige Semester an den Kölner Werkschulen anschlossen. Als wichtige Weichenstellung erwies sich seine Manager- und Repräsentanten-Tätigkeit für die Firma Knoll International, die ihn in Kontakt mit zahlreichen einflussreichen Persönlichkeiten der oberen Gesellschaft, darunter auch die Kunstszene, brachte.
Die Spirale als künstlerisches Leitmotiv
Robert Rotar entdeckte bereits in den 1950er-Jahren die Spirale als sein persönliches Ausdrucksmittel. Fortan widmete er sich diesem Symbol, das er zum Mittelpunkt einer facettenreichen, verschlüsselten Bildersprache machte. In der sich öffnenden oder zusammenziehenden Rotation der Spirale erblickte Rotar eine starke Metapher für Raum und Zeit. Robert Rotar malte die Spirale auf Leinwand, zeichnete sie auf Papier, formte sie aus Metall – oder ließ sie formen: 1963 konstruierte er eine Malmaschine, die halb- oder vollautomatisch Spiralen erstellte, 1967 ließ er seine Konstruktion patentieren. Für ein tieferes Verständnis der Spirale suchte der Künstler den Dialog mit der Wissenschaft. Robert Rotar hörte sich an, was Physiker, Biologen, Hirn- und Genforscher zum Thema Spirale zu sagen hatten und ließ die dabei gewonnenen Erkenntnisse in seine Kunst miteinfließen. Seine Zeitgenossen feierten Robert Rotar beinahe ehrfürchtig als »Magier der Spirale«, doch hatte seine Vorgehensweise mit Magie wenig zu tun, sondern war das Ergebnis langanhaltender Denkprozesse. Zwar malte Rotar bisweilen wie in Trance, diese Phasen der Versunkenheit und Entrücktheit lagen aber eingebettet in eine anspruchsvolle und umfassende Recherche, zu der auch die Beschäftigung mit verschiedenen Philosophien und Religionen gehörte.
Ein schweigsamer Schöpfer und Sucher
Robert Rotar war seit 1957 Mitglied im Deutschen Werkbund, konnte sich aber erst 1973 als Künstler selbstständig machen. Er pflegte Freundschaften mit Joseph Beuys, James Lee Byars und dem katholischen Theologen und Kunstförderer Friedhelm Mennekes, der den Künstler nach dessen Tod als einen »großen Schweiger« und »mächtigen Künstler« würdigte. Tatsächlich hatte Rotar den großen Teil seines Lebens in Zurückgezogenheit verbracht. Sein nahezu fünf Jahrzehnte umfassendes Künstlerleben führte zu einem umfassenden Oeuvre aus rund 5.000 Werken, darunter Ölbilder, Zeichnungen, Fotografien und Videofilme. Vieles davon befindet sich heute in den Händen privater Sammler, sein schriftlicher Nachlass wurde vom Deutschen Kunstarchiv wissenschaftlich bearbeitet und zugänglich gemacht.
Robert Rotar starb am 13. August 1999 in Düsseldorf. Seine Frau Dr. Ingrid Skiebe hat aus den hinterlassenen Aufzeichnungen des Künstlers postum ein Buch destilliert, in dem sie die ausgeklügelten Codierungen des Künstlers vorsichtig erläutert.
Robert Rotar - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: