Michael Wolf

Michael Wolf - Fotografie-Studium in Essen bei Otto Steinert

Michael Wolf wurde geboren am 30. Juli 1954 in München, verbrachte seine Kindheit aber neben Deutschland zu großen Teilen in den USA und in Kanada. Seine erste Kamera hielt er im Alter von 14 Jahren in den Händen – ein Geburtsgeschenk seiner Eltern, das bei Michael Wolf die Liebe zur Fotografie weckte, die sein gesamtes Leben prägte. Nach einem Studium an der University of California in Berkeley kehrte er nach Deutschland zurück, um an der Folkwang Universität der Freien Künste in Essen Fotografie bei Otto Steinert zu studieren. Im Anschluss an sein Studium arbeitete er in Deutschland als freier Fotojournalist. Das zentrale Thema seines fotografischen Wirkens, das Leben in der Großstadt, hatte bereits seine Abschlussarbeit für die Folkwang Schule bestimmt: Mit seiner Sozialreportage über die Stadt Bottrop im Ruhrgebiet sorgte der junge Fotograf für einiges Aufsehen.

An China schätzte Wolf das Unvorhersehbare

Michael Wolf arbeitete unter anderem acht Jahre für den Stern, in dessen Auftrag er 1994 nach Hongkong reiste. In Hongkong fand er seine Lieblingsstadt und für ein Jahrzehnt auch eine Heimat. Seine Begeisterung für Hongkong und China erklärte der Künstler mit der großen Unvorhersehbarkeit, die das Land nach seinen Erfahrungen auszeichne: Immer und überall könne alles passieren und dem Fotografen ein lohnendes Motiv bieten. Trotz aller Faszination für die Megastädte zeichnete Michael Wolf kein idealisiertes Bild, sondern wies mit eindrücklichen, mahnenden Bildern auf die schwierigen Folgen der Urbanisierung hin. Für seine Bildserie Tokyo Compression fotografierte er von 2010 bis 2013 die Passagiere in der Metro, um den unwürdigen Charakter dieses überfüllten Massentransports zu dokumentieren – sehr zum Unmut vieler Fahrgäste, die sich ihrer Situation wohlbewusst waren und dem Künstler mit der Faust drohten oder ihre Gesichter zu verbergen suchten. Auch Michael Wolf selbst empfand die Enge der dichtbevölkerten Großstadt schließlich als zu bedrängend und zog sich auf die Hongkonger Insel Cheung Chau zurück, wo er bis zu seinem Tod lebte.

Die Synthese von Bildreportage und Fotokunst

Michael Wolf veröffentlichte im Lauf seiner Karriere über 30 Fotobücher; in seinem berühmtesten Werk, Architecture of Density, porträtierte er die Fassaden der Hochhäuser von Hongkong. Abseits der Wege erforschte er in seinem Band Informal Solutions aber auch die von Kunst und Tourismus sonst nicht beachteten Hinterhofgassen der chinesischen Millionenstadt. Obgleich er 2003 seinen Beruf aufgegeben hatte, um sich eigenen Projekten mit einem vorwiegend künstlerischen Schwerpunkt zu widmen, verlor er seine Wurzeln doch nie aus den Augen und verstand sein Schaffen als fließenden Übergang vom Fotojournalismus zum freien Kunstwerk. Die seinem Werk innewohnende Sozialkritik spiegelte diese Philosophie eindrucksvoll wider. Für seine Kunst erhielt Michael Wolf Preise und Auszeichnungen, gleich zweimal gewann er den ersten Preis beim renommierten World Press Photo Award (2005, 2010).

Michael Wolf starb am 24. April 2019 in seinem Appartement auf der Insel Cheung Chau in Hongkong.