Rebecca Horn

Rebecca Horn - Kunststudium statt Familienerbe

Rebecca Horn wurde am 24. März 1944 im hessischen Michelstadt im Odenwald geboren. Sie wuchs in begüterten Verhältnissen auf; ihre Familie besaß seit mehreren Generationen eine Textilfabrik, die Rebecca einmal übernehmen sollte. Für derartige Planspiele interessierte sich das Mädchen aber nur wenig, stattdessen träumte sie schon früh von einer Karriere als Künstlerin. Inspiriert wurde sie dabei von ihrem Kindermädchen, einer rumänischen Malerin, die Rebecca Horn ihren ersten Unterricht im Zeichnen erteilte. Bestärkt wurde das künstlerische Interesse außerdem von einem Onkel, der selbst auf diesem Gebiet tätig war und mit seinem ungezwungenen Leben voller Abwechslungen die junge Rebecca stark beeindruckte. Als sie nach einem mehrjährigen Internatsbesuch auf Wunsch der Eltern Volkswirtschaft studieren sollte, brach sie dieses Studium bereits nach sechs Monaten ab. Ab 1963 besuchte sie heimlich die Hochschule der Bildenden Künste in Hamburg, wo sie Philosophie und – natürlich! – Kunst studierte.

Inspiriert durch Kafka und Pasolini

Während ihrer Studienzeit waren es zuerst literarische Werke, die Rebecca Horn stark prägten und ihr Interesse an Alchemie, surrealen Apparaten und dem Absurden weckten. Sie las Bücher von Jean Genet, Johann Valentin Andreae, Raymond Roussel und Franz Kafka, begeisterte sich für die Filme Luis Buñuel und Pier Paolo Pasolini. Ihre ersten künstlerischen Experimente standen unter keinem guten Stern, denn bei der Arbeit an einer Skulptur aus Kunststoff kam sie ungeschützt mit giftigen Dämpfen in Berührung und musste lange Zeit im Krankenhaus und im Anschluss noch ein einsames Jahr in einem Sanatorium verbringen. Nach diesem Erlebnis der Isolation verwendete Rebecca Horn nur noch leichte Materialien organischer Natur, sie setzte auf Bandagen und Baumwolle und häufig auf Federn. Ihren Bilderwelten ist das Widerfahrene mal mehr, mal weniger deutlich abzuspüren: In den stummen Adern der Kunst von Rebecca Horn fließt meist noch ein Rest von jenem Gift, das ihr die Lebenskraft raubte, und nimmt selbst dem eigentlich Schönen und Erstrebenswerten ein Stück seiner Unschuld.

Grenzenloser Erfolg

Als wolle sie die durch Krankheit und Rekonvaleszenz verlorene Zeit um jeden Preis wieder aufholen, schuf Rebecca Horn in den folgenden Jahren wie im Rausch eine unerhörte Dichte an Environments, Installationen, Performances – Kunstwerken, die sich kaum treffend beschreiben lassen und ihr vermeintliches Genre immer dann sprengen, wenn der Betrachter es gerade erfasst zu haben glaubt. Viermal nahm sie an der Documenta in Kassel teil, darunter als jüngste Teilnehmerin an der von Harald Szeemann verantworteten legendären fünften Ausgabe. Die Künstlerin drehte mehrere Filme, inszenierte teils spektakuläre Lichtinstallationen im öffentlichen Raum, zum Beispiel "Spiriti di Madreperla" auf dem Piazza del Plebiscito in Neapel, dem größten Platz Italiens. Für ihre Arbeiten erhielt Rebecca Horn Preise und Auszeichnungen höchsten Ranges, sie wurde als erste Frau mit dem Kaiserring von Goslar geehrt. Rebecca Horn lebt und arbeitet abwechselnd in Berlin und Paris.