Henry van de Velde

Henry van de Velde begann seine Laufbahn als Maler

Henry van de Velde wurde am 3. April 1863 in Antwerpen geboren. Als sechstes von acht Kindern eines wirtschaftlich gut gestellten Brüsseler Apothekers erhielt er eine umfassende Bildung: Er besuchte das humanistische Gymnasium und befreundete sich dort mit dem späteren Dichter Max Elskamp (1862–1931). Von 1881 bis 1884 studierte er Malerei an der Académie des Beaux-Arts bei Charles Verlat (1824–1890), im Anschluss ging er unter dem Eindruck eines Gemäldes von Édouard Manet (1832–1883) für ein Jahr nach Paris, schloss sich einer impressionistischen Malergruppe an und suchte auf Anraten von Augustin Feyen-Perrin (1826–1888) weitere Unterweisung bei Émile Auguste Carolus-Duran (1837–1917). Im Herbst 1888 wurde Henry van de Velde in die Künstlervereinigung Société des Vingt (Les XX: Die Zwanzig) aufgenommen, an deren Ausstellungen unter anderem auch Vincent van Gogh (1853–1890) und Auguste Rodin (1840–1917) teilnahmen.

Hinwendung zum Kunsthandwerk und zur Architektur

Henry van de Velde hatte ab 1889 mit gesundheitlichen Schwierigkeiten zu kämpfen und geriet in eine künstlerische Sinnkrise. Mehr und mehr belastete ihn das Gefühl, als Maler nicht ausreichend begabt zu sein und er wandte sich dem Kunsthandwerk und der Architektur zu. Von einer Tante ließ er sich im Sticken unterrichten und fertigte die Tapisserie Engelswache. Infolge der Bekanntschaft mit dem Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe (1867–1935) verfasste Henry van de Velde über Jahre hinweg verschiedene Artikel für dessen Zeitschrift Pan. Er beschäftigte sich intensiv mit der von John Ruskin (1819–1900) und William Morris (1834–1896) initiierten Arts-and-Crafts-Bewegung und entwarf für die neuen Ausstellungsräume des Pariser Galeristen Siegfried Bing (1838–1905) ein vielbeachtetes Interieur. Als Designer und Architekt, der auf unnötige dekorative Schnörkel verzichtete und eine schlanke, einförmige und elegante Gestaltung forcierte, gewann Henry van de Velde immer mehr an Bedeutung. In dem Maler und Mitgründer der Berliner Secession Curt Herrmann (1854–1929) fand er seinen ersten Auftraggeber aus Deutschland. Deutsche Mäzene und Investoren wie Eberhard von Bodenhausen (1868–1918) ermöglichten van de Velde die Einrichtung eigener Werkstätten.

Wegweisende Tätigkeit als Architekt in Deutschland

Henry van de Velde fand in Harry Graf Kessler (1868–1937) einen Förderer, der ihm nicht nur die Ausgestaltung seiner Berliner Wohnung überließ, sondern im Verbund mit Elisabeth Förster-Nietzsche (1846–1935), der Schwester des Philosophen Friedrich Nietzsche (1844–1900), auch für den Umzug des Künstlers nach Weimar sorgte. Dort begründete van de Velde die Großherzoglich Sächsische Kunstgewerbeschule, aus der später die Bauhaus-Architektur hervorgehen sollte, und trat dem Deutschen Werkbund bei. Während des Ersten Weltkriegs wurde die Kunstgewerbeschule geschlossen und Henry van de Velde musste als unerwünschter Ausländer nach Belgien zurückkehren, wo er an der Universität Gent eine Professur für Architektur antrat und in Brüssel die Leitung des neu gegründeten Institut Supérieur des Arts Decoratifs (ISAD) antrat. Nach seiner Emeritierung nahm er noch an den Weltausstellungen in Paris (1937) und New York (1939) teil. Weil man ihn in Belgien wegen seiner Tätigkeit als Berater für die deutsche Militärverwaltung nach dem Zweiten Weltkrieg als Kollaborateur anfeindete, zog er sich 1947 in die Schweiz zurück.

Henry van de Velde starb am 25. Oktober 1957 in Zürich.