Lucien Adrion

Lucien Adrion - Modezeichner in Paris, Student bei Hermann Struck

Lucien Adrion wurde am 25. Mai 1889 in Straßburg geboren. Im Alter von 18 Jahren verließ er seine Heimatstadt und zog nach Paris, um vorübergehend als Modezeichner zu arbeiten. Im Anschluss unternahm er Reisen nach London, München und Frankfurt, wo er vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs überrascht wurde. Weil er aufgrund seiner damit verbundenen Demobilisierung Deutschland nicht verlassen konnte, ging Lucien Adrion nach Berlin; dort wurde er Schüler im Atelier von Hermann Struck, der auch Marc Chagall unterrichtete. Erst nach dem Krieg durfte Lucien Adrion nach Paris zurückkehren, als nunmehr 30-Jähriger schuf er eine Reihe signierter Lithographien, die einigen Anklang fanden. In Paris erhielt er im Februar 1921 auch seine erste Einzelausstellung, die der Kunsthändler Chéron für ihn ausrichtete. Im berühmten Künstlerviertel Montparnasse richtete sich Lucien Arion ein Atelier ein und pflegte in der Folge fruchtbare Bekanntschaften mit jungen osteuropäischen Malern wie Pinchus Kremegne, Michel Kikoïne und Chaim Soutine.

Studienreise in die Normandie, große Erfolge als Landschaftsmaler

Wie viele Künstler litt auch Lucien Adrion unter einer rastlosen Natur, die ihn alsbald wieder aus seiner eigentlich gesicherten Existenz in die Fremde trieb. Erst in der Normandie fand Adrion die Inspiration, die er gesucht hatte, und wandte sich der Landschaftsmalerei zu. Dieser neue Kurs war augenblicklich von Erfolg gekrönt und bescherte Adrion einen unerwarteten Popularitätsschub. Jetzt nahm endlich auch die Kunstwelt flächendeckend Notiz von dem jungen Maler, der 1926 im Alter von 37 Jahren zum ersten Mal im berühmten Salon des Indépendants ausstellen durfte. Der Erfolg blieb Adrion treu – in den 1940er-Jahren kam es schließlich zu Ausstellungen im Salon d'Automne und im Salon des Tulleries. Der gebürtige Elsässer Adrion, der weit zurückreichende deutsche Wurzeln besaß und in seiner Heimat Frankreich lange Zeit nicht wirklich anerkannt war, galt seinen Land jetzt als nationaler Künstler ersten Ranges und durfte sich einer glänzenden Reputation erfreuen.

Für Lucien Adrion war ein einziges Bild wie ein ganzer Film

Die besondere Gabe Lucien Adrions lag im Erfassen und Abbilden ganzer Bewegungsabläufe. Obwohl er Maler war und kein Filmemacher, gelang es ihm, im Rahmen eines einzigen Bildes komplexe menschliche Dynamiken so pointiert einzufangen, dass der Betrachter auf einen Blick die gesamte Kette der Ereignisse vor Augen hat – gleichsam einer Filmrolle, die nur aus einem einzigen Bild besteht. Gerade bei seinen Stadtbildern scheint es häufig so, als könne man eine immanente Bewegung der abgebildeten Menschenmengen wahrnehmen. Aber nicht nur große Szenen städtischer Betriebsamkeit, sondern auch einfache Arrangements ländlichen Lebens, ja selbst Stillleben ganz ohne menschliche Figuren erfüllte der Künstler mit einer zuvor nie gekannten Lebendigkeit. Es war in Sonderheit diese charakteristische Eigenschaft, die Kritik und Publikum zu gleichen Teilen faszinierte und dafür sorgte, dass für Bilder von Lucien Adrion Preise in steigender Höhe bezahlt wurden. Lucien Adrion starb am 9. August 1953 in Paris.