Jürgen Brodwolf

Jürgen Brodwolf - Erste künstlerische Gehversuche als Autodidakt, Studium in Berlin

Jürgen Brodwolf wurde am 14. März 1932 in Dübendorf bei Zürich geboren. Als Einzelkind verbrachte er seine frühen Jahre in einer von Menschen nahezu unangetasteten ländlichen Umgebung, die er für zahlreiche ausgedehnte Streifzüge nutzte. Blattwerk, Moos, Schwemmholz und Geäst wirkten sich dabei äußerst anregend auf die Fantasie des feinsinnigen Jungen aus, der 1948 nach Bern ging, um an der dortigen Kunstgewerbeschule eine Ausbildung zum Lithografen zu absolvieren. Nach Beendigung des Studiums hielt er sich Anfang der 1950er-Jahre in Paris aus, wo er sich als Autodidakt der Malerei widmete und erstmals mit dem Informel in Berührung kam. Schon als junger Künstler erhielt Jürgen Brodwolf Preise und Auszeichnungen, so 1955 den Eidgenössischen Preis für freie Kunst, der mit einem Stipendium einherging und ein Stück finanzielle Sicherheit brachte. Als Freskenrestaurator und Glasmaler ließ er sich in Vogelbach im Südschwarzwald nieder, ehe ihn ein weiteres Stipendium an die Akademie der Künste in Berlin führte.

Die Farbtube ist für den Künstler nicht nur Mittel, sondern auch Zweck

Jürgen Brodwolf ließ sich 1959 durch eine ausgedrückte Farbtube auf seinem Tisch zu seinem berühmten Markenzeichen, den sogenannten Tubenfiguren, inspirieren. Obwohl er damit jetzt schon seit Jahrzehnten Erfolge feiert und mehrere Tausend Tuben in Kunstwerke verwandelt hat, betrachtet er diese Idee noch längst nicht als ausgeschöpft. Jürgen Brodwolf stellt alles Mögliche mit den aufgebrauchten Farbtuben an, die sich in seinem Atelier sammeln: Er bandagiert sie, bemalt sie, badet sie in Wachs oder arbeitet sie in Bilder, Objekte und Installationen ein. Trotzdem ist die Tube nicht alles im künstlerischen Schaffen von Jürgen Brodwolf, wenngleich der Schweizer auch keinen Anstoß daran nimmt, zumeist mit seinem populären Signet assoziiert zu werden. Er bleibt ihr auch treu: Auf den täglichen Spaziergängen mit seiner Frau hält er die Augen offen und sammelt auf, was ihm interessant scheint – Pflanzen, Altpapier und sogar Müll. Unter den schöpferischen Händen des Künstlers wird im Zusammenspiel mit den ausgedrückten Farbtuben aus den Fundstücken vom Wegesrand dann große Kunst.

Ein ganzes Krankenhaus aus dem 16. Jahrhundert dient als Atelier

Jürgen Brodwolf wünscht sich eine möglichst unmittelbare Begegnung von Kunstwerk und Betrachter. Seine Objekte dürfen und sollen angefasst werden, als Erfahrung und Erlebnis. Sein Kunstverständnis vermittelt er gern auch als Lehrer – auf die 1976 erhaltene Professur für darstellendes Zeichnen an der Fachhochschule für Gestaltung in Pforzheim folgte 1982 eine Professur für Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. Als Nachfolger von Rudolf Hoflehner unterrichtete er bis 1994 Künstlerpersönlichkeiten wie Camill Leberer und Karin Sander. In seiner Wahlheimat im südbadischen Kandern hat er sich ein altes städtisches Krankenhaus gekauft und zu einem Atelier umgebaut. In dem Gebäude aus dem 16. Jahrhundert fühlt sich Jürgen Brodwolf den Themen nahe, die er in seinen Kunstwerken behandelt: Geburt, Krankheit und Tod. Jeden Tag steht der Künstler noch im Atelier und sucht nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten, schafft Objekte, die er in seinen umfangreichen Räumlichkeiten präsentiert. Aus dieser Privatsammlung will Jürgen Brodwolf einmal ein Museum machen und sein Werk der Nachwelt erhalten.