Luciano Castelli inszeniert, führt auf und stellt dar – sich selbst, andere und einfach alles, was ihm einfällt. Die Kunst des Schweizer Multitalents gleicht einer Kettenexplosion, und das Publikum kann nie sicher sein, in welcher Funktion der Künstler ihr gleich gegenübertritt: ob als Maler, Bildhauer, Musiker, Grafiker oder Fotograf.
(...) WeiterlesenLuciano Castelli - Hemmungslose Selbstinszenierung und Grenzverwischungen
Luciano Castelli wurde am 28. September 1951 in Luzern geboren. Die Neigung zur Kunst führte ihn zunächst an die Kunstgewerbeschule seiner Heimatstadt: Im Vorkurs erhielt er Unterricht von dem surrealistischen Maler Max von Moos, danach lernte er Schriftmaler. In den 1970er-Jahren machte er mit seiner berüchtigten Wohngemeinschaft Schlagzeilen. Luciano Castelli gebärdete sich als Bohème, inszenierte sich selbst in den unterschiedlichsten Rollen vor der Kamera. Er war Mann, Frau und keins von beiden, warf sich in glamouröse Kostüme und wurde zu einer fantastischen Märchenfigur. Große Bekanntheit innerhalb der Kunstszene erlangten die fotorealistischen Gemälde, die der Schweizer Maler und Grafiker Franz Gertsch nach einigen dieser wilden Schnappschüsse schuf. Das berühmteste dieser Werke ist das Gruppenbild Medici, das Castelli inmitten seiner Adoranten zeigt, und das 1972 in der von Harald Szeemann kuratierten Documenta 5 eine wichtige Rolle spielte. Bereits im Jahr zuvor hatte Luciano Castelli seine erste Einzelausstellung zeigen können.
Als Künstler tanzt Castelli zwischen den Geschlechtern
Luciano Castelli unternahm nach seiner ersten Performance Solarium, die er in der Amsterdamer Galerie De Appel aufführte, eine Studienreise nach Österreich und in die USA. 1973 erhielt er das Eidgenössische Kunststipendium, das seine weitere Entwicklung unterstützte. Besondere Förderung verdankte Castelli dem Schweizer Kunsthistoriker Jean-Christophe Ammann, der ihm nicht nur die Bekanntschaft mit dem Documenta-Kurator Szeemann vermittelt hatte, sondern vor allem auch durch die Organisation der vielbeachteten Ausstellung Transformer – Aspekte der Travestie dem Werk Castellis einen ungeheuren Schub verschaffte. Die androgynen Fotos von Castelli, die Ammann im Rahmen dieser Ausstellung präsentierte, machten den jungen Künstler berühmt. Im Rahmen dieser Ausstellung begegnete Castelli dem surrealistischen Fotokünstler Pierre Molinier, mit dem er in der Folge fruchtbar zusammenarbeitete. 1976 schuf Luciano Castelli einige Illustrationen zu Alice's Smile von William S. Burroughs. Nach einem knapp einjährigen Aufenthalt in Rom zog er 1978 nach Berlin, wo er die deutschen Maler Rainer Fetting und Salomé kennenlernte.
Avantgardistische Punkmusik, Camera Obscura und Revolver Paintings
Luciano Castelli erlebte im Kreis der Berliner Neuen Wilden eine ungekannte Blüte. Mit Rainer Fetting und Salomé malte er Gemeinschaftsbilder, mit Letzterem gründete er außerdem die avantgardistische Punk-Band Geile Tiere; Castelli sang und spielte dabei den Bass. Mit mehreren schrillen Auftritten im Berliner Szeneklub Dschungel erlangte die Band einige Bekanntheit. 1989 übersiedelte Luciano Castelli nach Paris, wo er zwei Jahre später seine Muse Alexandra heiratete, die er häufig zum Gegenstand seiner Bilder machte. Die Begeisterung für das Spiel mit der Perspektive führte zu intensiven Experimenten mit einer selbstgebauten Camera Obscura. In diesem Kontext entstanden auch die sogenannten Revolver Paintings – Bilder, die über keine vordefinierte Ausrichtung verfügen und in alle Richtungen gedreht werden können, dabei stets neue Zuordnungen und Verhältnisse preisgeben.
Luciano Castelli lebt und arbeitet heute abwechselnd in Zürich, Paris und der Normandie.
Luciano Castelli - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: