Lucien Clergue

Lucien Clergue wurde am 14. August 1934 in Arles geboren. Seine Eltern führten ein kleines Ladengeschäft, dessen Einkünfte ihnen zwar erlaubte, ihren Sohn schon im frühen Kindesalter das Violinspiel erlernen zu lassen, das aber nicht genügend Mittel einbrachte, um ein entsprechendes Studium am Konservatorium zu finanzieren. Stattdessen entdeckte Lucien Clergue seine Liebe zur Fotografie, nachdem ihm seine Mutter seine erste Kamera geschenkt hatte. Kenner attestieren bereits dem Frühwerk des Fotokünstlers eine hohe Reife und technische Souveränität im Umgang mit dem Medium. 1953 besuchte Lucien Clergue einen Stierkampf und machte bei dieser Gelegenheit die Bekanntschaft von Pablo Picasso (1881–1973), der für ihn ein lebenslanger Mentor werden sollte. Picasso zeigte sich angetan von den fotografischen Versuchen des jungen Mannes und ermutigte ihn, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. In der Folge begann Clergue mit den Arbeiten an mehreren Fotozyklen, die zunächst vor allem den Stierkampf und den weiblichen Akt als Thema hatten.

Lucien Clergue bewegte sich mit seinen Aktfotografien in der damaligen Zeit in einem heiklen Bereich, denn solche Aufnahmen galten als Pornografie, wenn das Gesicht der abgebildeten Person zu erkennen war. Deshalb beschränkte sich der Künstler auf Ausschnitte des weiblichen Körpers, veredelte diese aber mit raffinierten künstlerischen Effekten, die unter anderem durch den Einsatz eines Stroboskops erzielt wurden. Für seine frühe Arbeit »Nu de la mer« inszenierte er die nackten Frauenkörper als Meereslandschaften, als von Wellen umspülte Felsen. Picasso lobte Clergues Aktbilder und deren ästhetisch eindrucksvolles Spiel mit Licht und Schatten, verglich die Herangehensweise des jungen Fotografen sogar mit den Werken der Maler Édouard Manet (1832–1883) und Pierre-Auguste Renoir (1841–1919). Für Lucien Clergue bedeutete diese Anerkennung als Künstler viel, eine Anerkennung, die er später auch von anderen großen Persönlichkeiten der Kunst- und Kulturszene wie Jean Cocteau (1889–1963), Michel Tournier (1924–2016), Roland Barthes (1915–1980) und James Jones (1921–1977) erhielt.

Lucien Clergue betätigte sich auch als Architekturfotograf und schuf in den 1960er Jahren eine umfangreiche Bilderserie über die brasilianische Hauptstadt Brasilia. In späteren Arbeiten wandte er sich zunehmend der Fragmentfotografie zu. Seine erste Soloausstellung konnte er auf Einladung von Edward Steichen (1879–1973) im Museum of Modern Art in New York beschicken. Seine Freundschaft mit Picasso führte auch zu mehreren Porträts und dem 1993 erschienen Buch »Picasso mon ami«. Auch an der Karriere des Gitarristen Manitas de Plata (1921–2014) hatte Clergue seinen Anteil, machte er ihn doch mit seinem Fotozyklus »Saltimbanques« über die Roma im südlichen Frankreich der Öffentlichkeit bekannt und stellte ihn zudem Picasso und Salvador Dalí (1904–1989) vor. Für seine Fotokunst erhielt Lucien Clergue Preise und Auszeichnungen, so wurde er 2003 zum Chevalier der Légion d'honneur ernannt und 2006 in die französische Académie des Beaux-Arts aufgenommen.

Lucien Clergue starb am 15. November 2014 in Nîmes.