Alfred Ehrhardt

Alfred Ehrhardt war ein vielseitig begabter Künstler

Alfred Ehrhardt wurde am 5. März 1901 in Triptis geboren. Seine musischen Neigungen manifestierten sich zunächst in der Liebe zur Musik; nach dem Besuch des Realgymnasiums in Gera begann er ein Orgelstudium am Seminar Weißenfels. In den 1920er-Jahren betätigte sich Ehrhardt, der Johann Sebastian Bach sehr schätzte, als Organist, von 1924 bis 1930 unterrichtete er Kunst und Musik ein einer reformpädagogischen Schule von Max Bondy (1892–1951), ehe dieser aufgrund seiner jüdischen Herkunft in die USA emigrieren musste. In Anlehnung an Rudolf von Laban (1879–1958) und Mary Wigman (1886–1973) erteilte er auch Tanz- und Gymnastik-Unterricht. Neben seinen modernen Kompositionen schuf Alfred Ehrhardt ein malerisches und zeichnerisches Frühwerk in expressionistisch-neusachlichem Stil. Für die Krypta der Klosterkirche in Lamspringe schuf er 14 figurative Wand- und Deckengemälde, die von den Nationalsozialisten stark beschädigt und übertüncht wurden. Zum Teil sind diese Arbeiten in den Jahren 2007 bis 2010 wieder freigelegt und restauriert worden.

Fotoexkursionen ins Watt und die Kurische Nehrung

Alfred Ehrhardt kam im Wintersemester 1929/30 als Student und Hilfslehrer an das Bauhaus in Dessau, wo er den Vorkurs bei Josef Albers (1888–1976) besuchte und bei Lyonel Feininger (1871–1956), Paul Klee (1879–1940) und Oskar Schlemmer (1888–1943) studierte. Mit Wassily Kandinsky (1866–1944) schloss er in dieser Zeit Freundschaft. Am Bauhaus begann Alfred Ehrhardt mit dem Fotografieren, auch als Maler und Zeichner wurde er durch seine Bauhaus-Erfahrungen stark geprägt. 1931 beschickte er in Hamburg seine erste und zu Lebzeiten einzige Ausstellung als Maler, Zeichner und Grafiker. Er gab vielbesuchte Orgelkonzerte und verfasste mit seiner Gestaltungslehre eines der wichtigsten Werke der Reformpädagogik im 20. Jahrhundert. Nach seiner Entlassung durch die Nationalsozialisten im April 1933 begab sich Alfred Ehrhardt in die innere Emigration und war bis 1936 Organist und Kantor in Cuxhaven. In dieser Zeit unternahm er mit der Kamera ausgedehnte Exkursionen in das Watt, im Sommer 1934 besuchte er die Kurische Nehrung.

Abstrakte Fotokunst und preisgekrönte Dokumentarfilme

Alfred Ehrhardt schuf mit seiner Kamera genau jene Art von abstrakten Bildern, wie sie ihm die Nationalsozialisten als Maler untersagt hatten und begründete damit seinen Ruhm als Avantgarde-Fotograf. Außerdem gelang ihm die letzte fotografische Dokumentation der Frankfurter Altstadt, bevor diese von den alliierten Bombenangriffen zerstört wurde. Auch das eigene Haus des Künstlers in Hamburg fiel den Angriffen zum Opfer, doch konnte das fotografische Werk gerettet werden. 1937 begann Alfred Ehrhardt damit, dokumentarische Filme zu drehen, eine Tätigkeit, die er auch nach dem Krieg in der jungen Bundesrepublik mit großem Erfolg fortsetzte: Vier seiner über sechzig Kulturfilme wurden mit dem Bundesfilmpreis gewürdigt, darunter sein Porträt über den Bildhauer Ernst Barlach (1870–1938). In der Nachkriegszeit erweiterte Ehrhardt sein fotografisches Oeuvre auch um den ihm bis dahin fremden Bereich der Industriefotografie.

Alfred Ehrhardt starb am 29. Mai 1984 in Hamburg.