Erró

Erró wollte eine neue figurative Malerei

Erró wurde am 19. Juli 1932 als Guðmundur Guðmundsson in Ólafsvík, Island geboren. Er studierte von 1952 bis 1954 an den Kunstakademien in Reykjavík und Oslo. Nach einem kurzzeitigen Aufenthalt 1958 in Florenz, wo er sich intensiv mit Mosaiken beschäftigte, zog er noch im selben Jahr nach Paris, wo er schnell zu einem der radikalsten Künstler der späten 1950er und frühen 1960er Jahre avancierte. Das Streben nach einer neuen figurativen Malerei teilte Erró mit Künstlern wie Jacques Monory, Valerio Adami, Gérard Fromanger, Peter Klasen und Bernard Rancillac, an deren Seite er ab 1961 verschiedene Ausstellungen beschickte. Auch auf einer der wegweisenden Ausstellungen der narrativen Figuration in der Pariser Galerie Creuze im Jahr 1965 war Erró mit seinem Werk vertreten. Von Anfang an besaß Errós Kunst auch eine politische und gesellschaftskritische Komponente; schon 1960 hatte er zu den Teilnehmern der Ausstellung L'Anti-Procès gehört, die gegen den Algerienkrieg protestierte.

Pop-Art-Künstler mit Sympathien für die Street Art

Erró bediente sich für seine Bildsprache der alltäglichen Popkultur, griff aber auch auf politische Ereignisse und die Kunstgeschichte zurück. Immer wichtiger wurde auch die Sprache des Comics für Errós Arbeit. In den 1960er Jahren unternahm der Künstler mehrere Reisen in die USA, wo er einige der großen amerikanischen Vertreter der Pop Art traf: Robert Rauschenberg, Roy Lichtenstein und Jim Dine. Ungeachtet seiner modernen Ausrichtung beschreibt sich der Künstler selbst als klassisch orientiert und betont seine Verehrung für die italienischen und flämischen Meister wie Tintoretto und Rubens. Seine ausgezeichneten Kenntnisse über die Bildkomposition schlagen sich in seinen eigenen Werken nieder, die ihm manchmal sogar als zu streng komponiert erscheinen. Dann lässt er seinen Blick mit einer Mischung aus Bewunderung und Sehnsucht zur Street Art schweifen, deren ungebändigte Freiheit ihm so gefällt, dass er vielfach bei großen Ausstellungen die Hälfte seiner Fläche an Street-Art-Künstler abgibt – ein generöses Konzept, das viel Anklang beim Publikum findet.

Bilder voller spannender Entdeckungen

Erró arbeitete als Kunstlehrer und verlegte Mosaike in Ravenna, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, ehe er als Künstler so weit anerkannt war, dass er keine zusätzlichen Standbeine mehr benötigte. Inzwischen hat er selbst die Kunstgeschichte geprägt und muss sich um sein Auskommen keine Gedanken mehr machen. Sein in Zyklen verlaufendes Schaffen lässt Comicfiguren auf historische Persönlichkeiten treffen und stellt kritische Ereignisse des Zeitgeschehens mit bissigem Humor bloß. Dazwischen finden sich unzählige Zitate aus der Kunstgeschichte, die in den bisweilen an Wimmelbilder erinnernden Monumentalwerken oft schwer auszumachen sind. Das Material dafür sammelt der Künstler in rund 80 Schubladen in seinem Pariser Atelier; einiges davon hat er selbst zusammengetragen, anderes schicken ihm Bewunderer aus der ganzen Welt, weil sie glauben, der Meister könne etwas Großes daraus machen. Computer und Handy sucht man vergebens, selbst das Fax hat der Künstler inzwischen abgeschafft – nur Brief und Telefon kommen noch zum Einsatz, was einen entschleunigten Alltag mit viel Muße für das schöpferische Sinnen erlaubt. Für sein Werk erhielt Erró Preise und Auszeichnungen, unter anderem wurde er im Jahr 2010 als Chevalier in die französische Légion d'honneur (Ehrenlegion) aufgenommen.

Erró lebt und arbeitet in Paris. Der Schriftsteller und Geologe Ari Trausti Guðmundsson ist sein Halbbruder.