Für Andreas Feininger war die Kamera ein Präzisionswerkzeug, bei dem er nicht einfach auf den Auslöser drückte, wenn ein Motiv passend erschien. Der amerikanische Großmeister der Fotografie war ein Bildersucher, ein Tüftler, einer, der jeden Faktor bedachte und in seinem Sinne zu optimieren versuchte. Seine umwälzenden Thesen und Erkenntnisse wirken bis heute nach.
(...) WeiterlesenAndreas Feininger - Freigeistiger Spross einer Maler- und Fotografenfamilie
Andreas Feininger wurde am 27. Dezember 1906 in Paris geboren. Der älteste Sohn des berühmten Malers Lyonel Feininger verbrachte seine Jugend in Deutschland, zunächst in Berlin, dann in Weimar und Dessau, wo der Vater am Bauhaus unterrichtete. Die Liebe zur Kunst, namentlich der Fotografie, prägte die gesamte Familie: Andreas Feiningers Brüder waren der Musikwissenschaftler Laurence Feininger und der Fotograf und Maler Theodore Lux Feininger, auch die Halbschwester Lore Feininger betätigte sich als Porträt- und Architekturfotografin. Die freigeistige Haltung seines Vaters übertrug sich auch auf Andreas Feininger, der sich aller schulischen Autorität verweigerte und deshalb 1922 das Gymnasium verlassen musste. Damit war das eigentlich angestrebte Studium der Naturwissenschaften vereitelt; Feininger machte aus der Not eine Tugend und schrieb sich im Bauhaus ein, wo er gemeinsam mit Marcel Breuer das Handwerk des Kunsttischlers erlernte. Später schloss sich ein Architekturstudium an der Staatlichen Bauschule in Zerbst an.
Durchbruch als Architekturfotograf in Stockholm
Andreas Feininger unternahm seine ersten fotografischen Gehversuche noch während seiner Studienzeit mit der Kamera seiner Mutter. Obwohl er kurzzeitig in seinem Brotberuf arbeitete und einige denkwürdige Gebäude entwarf, darunter das später nach ihm benannte Andreas-Feininger-Haus in Berlin-Weißensee, erkannte er schnell, dass in der Fotografie seine eigentliche Berufung lag. Er begann, die Welt durch das Objektiv seiner Kamera zu sehen, hielt damit fest, was er einer Betrachtung für werthielt. 1929 konnte er sechs seiner Fotografien auf der Ausstellung für Film und Foto in Stuttgart präsentieren. Als der jüdischstämmige Feininger im nationalsozialistischen Deutschland seine Arbeitserlaubnis verlor, ging er nach Paris, wo er ein Jahr lang bei dem berühmten Architekten Le Corbusier arbeitete, ehe er 1933 mit seiner schwedischen Freundin Gertrud "Wysse" Hägg nach Stockholm emigrierte. Dort etablierte sich Andreas Feininger schnell als gefragter Architekturfotograf, musste aber mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs in die USA emigrieren, wo er wieder mit seinen Eltern zusammentraf.
Die intellektuelle Durchdringung der Fotografie
Andreas Feininger gab sich nie mit den vorhandenen Möglichkeiten zufrieden, sondern tüftelte ständig technische Verbesserungen aus, die es ihm ermöglichten, seinem Bildideal näher zu kommen. Einige seiner Weiterentwicklungen wurden später von der Firma Liesegang industriell produziert. Feininger war niemand, der reflexartig den Auslöser drückte, sondern einer, der seine Motive intellektuell erfasste und durchdrang. Weil Andreas Feininger wusste, dass das menschliche Auge in die Breite sieht, komponierte er seine Bilder entsprechend, sodass den Redaktionen der Zeitschriften, für die er als freier Bildjournalist arbeitete, oft nichts anderes übrigblieb, als seine Bilder auf zwei Seiten abzudrucken – ein Privileg, die viele seiner berühmten Kollegen mit Neid erfüllte. Obwohl Andreas Feininger sich die Fotografie ausschließlich als Autodidakt angeeignet hatte, erlangte er mit seinem scharfsichtigen und erkenntnistiefen theoretischen Lehrwerk zu großer Bedeutung und wird bis heute von Starfotografen wie Peter Lindbergh als Maßstab genannt.
Andreas Feininger starb am 18. Februar 1999 in New York.
Andreas Feininger - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: