Lothar Fischer

Lothar Fischer - Vom Kunsterzieher zum Kulturrebellen

Lothar Fischer wurde am 8. November 1933 in Germersheim geboren. Seine Eltern, die Kunsterzieher Max und Rosa Fischer, zogen bereits wenige Monate später nach Neumarkt in der Oberpfalz, wo er eine unbelastete Kindheit und Jugend verbrachte. Lothar Fischer studierte nach bestandenem Abitur in München zunächst Kunsterziehung bei Anton Marxmüller, wechselte aber bald in die Bildhauerklasse von Heinrich Kirchner; dabei machte er auch die Bekanntschaft von Toni Stadler junior. Mit befreundeten Künstlern gründete er die avantgardistische Gruppe Spur. Neben den Malern Hans Peter Zimmer, Heimrad Prem und Helmut Sturm war er der einzige Bildhauer in der Vereinigung, die sich mit wildem Trotz und markigen Formulierungen gegen den etablierten Kunstbetrieb ihrer Zeit stellte und die aktive Zerstörung des Bestehenden als Voraussetzung für die Entstehung von Neuem postulierte. Die lauten Töne blieben nicht ohne Folgen und führten für Teile der Gruppe zu gerichtlichen Auseinandersetzungen – der Karriere von Lothar Fischer tat dieser stürmische Wirbel indes keinen Abbruch.

Der menschliche Körper als Motiv und Mysterium

Ungeachtet allen rebellischen Geistes wurde Lothar Fischer schnell zu einer festen Größe jenes Kunstbetriebs, den er so gern in seinen Grundfesten erschüttern wollte. Sein gesamtes künstlerisches Leben lang blieb er ein traditionsbewusster Rebell, der die Plastiken des Mittelalters bewunderte und mit großem Sendungsbewusstsein einen klar eingegrenzten Kunstbegriff verteidigte. Ein wichtiges und immer wieder aufgegriffenes Motiv von Lothar Fischer war der menschliche Körper, in Sonderheit der weibliche, den er aber gleichzeitig als so großes Mysterium auffasste, dass er es als unmöglich ansah, seiner vielschichtigen Gestalt zur Gänze gerecht zu werden. Dieses Dilemma löste er für sich, indem er auf eine direkte Darstellung verzichtete und stattdessen lediglich eine Hülle schuf, die ihren Betrachtern als abstrakte Metapher und Schlüssel des eigentlichen Gegenstands diente. Sein bevorzugtes Arbeitsmaterial war Ton, das er vor allem bei seinen berühmten Pferde- und Reiterskulpturen verwendete, außerdem nutzte er für seine Plastiken Bronze, Eisen und Gips-Styropor. Auch wenn sein Hauptaugenmerk auf der Bildhauerei lag, entstanden auch einige Aquarelle und Tuschpinselzeichnungen.

Documenta-Teilnehmer und Lehrer in Berlin und Salzburg

Für seine Kunst erhielt Lothar Fischer Preise und Auszeichnungen und wurde zu einem der bedeutendsten deutschen Nachkriegskünstler, was nicht nur zu einer Documenta-Teilnahme im Jahr 1964 führte, sondern ihm auch Lehraufträge an der Universität der Künste in Berlin und an der Internationalen Sommerakademie in Salzburg einbrachte. Im Jahr 1991 wurde der erfolgreiche Bildhauer schließlich Ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.

Lothar Fischer starb am 15. Juni 2004 in Baierbrunn bei München. Vier Tage nach seinem Tod eröffnete in der Stadt seiner Kindheit und Jugend, Neumarkt in der Oberpfalz, ein Museum, das seinen Namen trägt und einen großen Teil seines Lebenswerkes zeigt. Zahlreiche weitere Werke schmücken überdies den öffentlichen Raum, so zum Beispiel seine Adam-Skulptur am St.-Annen-Kloster zu Lübeck.