Ruth Hallensleben

Ruth Hallensleben wurde am 1. Juni 1898 in Köln geboren. Als zweites Kind des Kölner Kaufmanns Anton Hallensleben und seiner Frau Philippine Mahlendorf wuchs sie in einem behüteten Umfeld auf und absolvierte nach ihrem Schulabschluss von 1914 bis 1915 eine Ausbildung zur Erzieherin in Kassel. In diesem Beruf arbeitete sie mehrere Jahre lang bei verschiedenen Stellen, ehe sie 1930 als Praktikantin bei der Kölner Porträtfotografin Elsbeth Gropp (1885–1974) ihre Berufung fand. Im Dezember 1934 eröffnete Ruth Hallensleben ihr eigenes Fotostudio im Hansahochhaus in Köln und wurde 1936 in die Gesellschaft Deutscher Lichtbildner (heute Deutsche Fotografische Akademie) aufgenommen. Während des Zweiten Weltkriegs fiel ihr Kölner Atelier den Bombenangriffen der Alliierten zum Opfer – glücklicherweise hatte sie zu dieser Zeit bereits ein neues Studio in Wiehl eingerichtet, das so erfolgreich lief, dass sie 1950 größere Räume beziehen musste. 1961 zog Ruth Hallensleben endgültig nach Wuppertal-Elberfeld, dessen geografische Lage es ihr ermöglichte, alle ihre Auftraggeber aus Köln, Düsseldorf und dem Ruhrgebiet gleichermaßen gut zu erreichen.

Ruth Hallensleben erhielt den größten Teil ihrer Aufträge aus der Industrie, was sie der Vermittlung ihres Bekannten Wilhelm Debus verdankte, der als Chefredakteur der VST-Betriebszeitung »Das Werk« einige ihrer frühen Bilder veröffentlicht hatte. Die Vereinte Stahlwerke Aktiengesellschaft (VST) war damals der zweitgrößte Montan-Konzern der Welt und verschaffte durch ihre Aufträge der jungen Fotografin eine beträchtliche Reputation. Ruth Hallensleben fasste in der Folge ihre fotografische Arbeit auch ganz prosaisch als Handwerk auf, mit dem sie sich und ihre Mitarbeiterinnen finanzierte. Vor diesem Hintergrund kam es auch zur Zusammenarbeit mit NS-Institutionen, wobei in der Forschung bis heute als ungeklärt gilt, ob diese unter Zwang erfolgte. Die pathetische Ästhetik der Nationalsozialisten machte sich Hallensleben nie zu eigen, sie verzichtete auf alle künstlerische Überhöhungen, manieriertes Spiel mit dem Kontrast oder unnatürliche Perspektiven. Ihr ging es um einen möglichst realistischen und unverstellten Blick auf den Alltag der damaligen Arbeitswelt.

Ruth Hallensleben fotografierte eine Vielzahl von Motiven, die einen lebendigen Einblick in die Industriezweige der damaligen Zeit erlauben. Für den 1955 entstandenen Bildband Die tausend Hände des Bergmanns nahm die Fotografin große Strapazen auf sich, um die Arbeit der Bergleute in den engen und dunklen Stollen unter Tage aufzunehmen. Für Hallensleben war dieser Aufwand unumgänglich, kam es ihr doch darauf an, die Arbeiter in einem möglichst natürlichen Umfeld zu zeigen. Im Auftrag der Zeitschrift Merian unternahm sie eine Fotoreise durch Italien, auf der zahlreiche Bilder von Landschaften und Touristenattraktionen mit verlockendem Urlaubsflair entstanden. Für ihr fotografisches Werk erhielt Ruth Hallensleben Preise und Auszeichnungen, sie war Ehrenmitglied des Bundes Freischaffender Foto-Designer (heute BFF Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter) und im Kölner Stadtteil Bilderstöckchen ist seit 1998 die Ruth-Hallensleben-Straße nach ihr benannt.

Ruth Hallensleben starb am 28. April 1977 in ihrer Geburts- und Heimatstadt Köln.