Anish Kapoor

Anish Kapoor - Kunststudium in England, antisemitische Anfeindungen

Anish Kapoor wurde am 12. März 1954 in Mumbai, Indien geboren. Der Sohn eines indischen Hindu und einer jüdischen Irakerin besuchte als Kind ein Jungeninternat in Dehradun, eine Zeit, von der Kapoor in der Rückschau sagte, er habe sie gehasst. Im Alter von 16 Jahren verließ er seine Heimat Indien und ging nach Israel, wo er eine Zeit lang in einem Kibbuz, einer ländlich gelegenen Kollektivsiedlung, lebte. 1978 führte ihn sein Weg nach London, wo er zunächst am Hornsey College of Art und dann am Chelsea College of Art and Design Kunst studierte. Die Verwurzelung in zwei unterschiedlichen Kulturräumen ist der Kunst von Anish Kapoor durchaus anzumerken, wenngleich er religiöse Themen nur vage bedient und keiner Glaubensrichtung zugeordnet werden kann. Trotzdem hatte er seiner teils jüdischen Abstammung wegen mit Anfeindungen zu kämpfen, so nach der Installation seines monumentalen Werkes Dirty Corner, das im Schlosspark von Versailles mehrmals mit antisemitischen Parolen beschmiert wurde. Schließlich entschied sich der Künstler, die Beschädigungen nicht zu beseitigen, sondern erklärte sie zum mahnenden Bestandteil seiner Arbeit.

Bildhauer, Bühnenbildner und Objektkünstler

Anish Kapoor zog bereits in den 1970er Jahren weltweite Aufmerksamkeit auf sich, als er erstmals seine aus Farbpigmenten geschaffenen Skulpturen präsentierte. Als Inspiration für diese Arbeit benannte er die Pigment- und Gewürzaufhäufungen, wie er sie von den Märkten seiner indischen Heimat kannte. Seine Skulpturen gewannen mit den Jahren immer mehr an Größe, wuchsen sich zu monumentalen Dimensionen aus, wobei die von Anish Kapoor ursprünglich verwendeten natürlichen Materialien wie Gips, Kalkstein und Marmor bald durch Stahl, Glas und Kunststoff ersetzt wurden. Besonders schätzt der Künstler rotes Wachs, das in seinem Äußeren an Fleisch und Blut erinnert. In den 1990er Jahren faszinierte ihn die Idee der Leere, die er in Form von scheinbar in der Ferne oder im Untergrund verschwindenden Skulpturen verarbeitet. Immer wieder findet Anish Kapoor auch zu spannenden Kooperationen mit anderen Künstlern, so mit dem Schriftsteller Salman Rushdie für das Projekt Blood Relations oder mit dem Opernregisseur Pierre Audi, für dessen Neuninszenierung von Richard Wagners Oper Parsifal an der Nederlandse Opera er das Bühnenbild gestaltete. Für die Olympischen Spiele 2012 in London entwarf Anish Kapoor die 115 Meter hohe Skulptur ArcelorMittal Orbit in Anlehnung an eine orientalische Wasserpfeife.

Das tiefste Schwarz der Welt

Anish Kapoor erwarb 2015 für eine hohe Summe die exklusiven Verwendungsrechte für Vantablack, einer synthetisch hergestellten Substanz, die als schwärzestes Schwarz der Welt gilt und löste damit eine anhaltende Kontroverse aus. Andere an Vantablack interessierte Künstler wie Stuart Semple oder Christian Furr äußerten scharfe Kritik an dieser Exklusivität, die allerdings nur für den Bereich der Kunst gilt und wissenschaftliche und sonstige Verwendungszwecke ausdrücklich nicht einschließt. Für Anish Kapoor war die alleinige Nutzung von Vantablack eine drängende Herzensangelegenheit, lassen sich durch Auftragen der superschwarzen Substanz doch sämtliche Oberflächenstrukturen auflösen und der Eindruck vollständiger Leere erzielen – ein Thema, das sich schon früh durch die Arbeit des Künstlers gezogen hat.