Ernst Ludwig Kirchner - Neben dem Architekturstudium wuchs die Liebe zur Kunst
Ernst Ludwig Kirchner wurde am 6. Mai 1880 in Aschaffenburg geboren. Der Sohn des Chemikers und Ingenieurs Ernst Kirchner verbrachte mit seinen beiden jüngeren Brüdern seine Jugend zu einem großen Teil in Chemnitz, wo der Vater als Professor an der Gewerbeakademie lehrte, und machte dort auch sein Abitur, das ihm ein Studium der Architektur in Dresden ermöglichte. Schon als Student begeisterte sich Ernst Ludwig Kirchner für die Malerei, insbesondere für den Neoimpressionismus, und während eines kurzen Gastsemesters an der Technischen Hochschule München besuchte er die private, reformorientierte Debschitz-Kunstschule, die ihn ebenfalls nachhaltig beeindruckte. Vor diesem Hintergrund verwarf er sein mit Diplom abgeschlossenes Studium und entschied sich gegen den Willen seiner Familie für den ungewissen Weg eines Künstlers. Diesen Entschluss teilte er mit seinem Studienfreund Erich Heckel. Beide übten sich als Autodidakten mit glühender Begeisterung im Aktzeichnen; der nackte Mensch verkörperte für sie die Grundlage aller Kunst und ihre Befreiung.
Ein epochemachender Brückenschlag für die Kunstgeschichte
Ernst Ludwig Kirchner und Erich Heckel fanden in ihren Studienkollegen Fritz Bleyl und Karl Schmidt-Rottluff Gleichgesinnte, mit denen sie 1905 die Künstlergruppe Brücke gründeten. Die Namenswahl fußte auf Friedrich Nietzsche, der in seinem wenige Jahre zuvor erschienenen philosophischen Werk Also sprach Zarathustra den Menschen dafür rühmte, Brücke und Übergang zu sein. Kirchner und seine Mitstreiter verstanden sich als Begnadete und Auserwählte, die der gefesselten Kunst eine Brücke in die Freiheit schlagen sollten. Dafür nahm Ernst Ludwig Kirchner auch die Entfremdung mit seinen Eltern in Kauf, auf deren finanzielle Unterstützung er allerdings nach wie vor angewiesen war. Die jungen Künstler bildeten eine verschworene Arbeits- und Lebensgemeinschaft, die alles – Ateliers, Material, Modelle – miteinander teilte. Dies hatte ideelle wie wirtschaftliche Gründe, denn natürlich mangelte es ihnen allen an Geld. Ungeachtet aller Widrigkeiten entwickelte die Brücke von Anfang an eine geradezu fieberhafte Aktivität, der sich bald weitere vielversprechende Künstler anschlossen – nach den deutschen Malern Max Pechstein und Otto Mueller bemühte sich die Gruppe auch explizit um ausländische Künstler wie den Schweizer Cuno Amiet und den Niederländer Kees van Dongen. Der von den Brücke-Mitgliedern hochverehrte Norweger Edvard Munch ließ sich zwar nicht zu einer aktiven Teilnahme bewegen, stand der Gruppe aber wohlwollend und unterstützend gegenüber.
Zwischen pulsierendem Stadtleben und ländlicher Idylle
Ernst Ludwig Kirchner verließ Dresden im Jahr 1911, um nach Paris zu gehen, dem damaligen Zentrum der künstlerischen Avantgarde – stattdessen landete er im ungleich näheren Berlin. Hier befreundete sich Kirchner mit den literarischen Vertretern des Expressionismus, vor allem mit dem Nervenarzt und Schriftsteller Alfred Döblin, den er auch einfühlsam porträtierte. In Berlin kam es aber auch zum Bruch mit den übrigen Brücke-Künstlern, die sich an Kirchners zunehmendem Egozentrismus störten. In der Folge distanzierte sich Ernst Ludwig Kirchner entschieden von der Bewegung und wollte nicht mehr mit ihr in Verbindung gebracht werden. Das pulsierende Leben in der Großstadt bei Tag und Nacht faszinierte den Künstler sehr und führte zu einer Reihe von Straßenszenen, als deren gefeierte Krönung das Gemälde Potsdamer Platz gilt. Im Kontrast dazu verbrachte er immer wieder seine Sommer auf der Ostseeinsel Fehmarn, wo er der Freikörperkultur huldigte und zahlreiche Aktbilder in freier Natur schuf. Der letzte Urlaub auf Fehmarn wurde durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs abrupt beendet. Auf der überstürzten Heimreise wurde Ernst Ludwig Kirchner zudem noch unter dem Verdacht der Spionage kurzzeitig in Gewahrsam genommen.
Gesundheitliche Probleme überschatteten die letzten Lebensjahre
Ernst Ludwig Kirchner meldete sich freiwillig zum Kriegsdienst, erlitt aber bald einen Zusammenbruch und wurde freigestellt. Bei einer Einzelausstellung im Kunstverein Jena kurz vor Kriegsbeginn hatte Ernst Ludwig Kirchner den Kunsthistoriker Botho Graef und den Philosophen Eberhard Grisebach kennengelernt, die ihm Freunde und Förderer wurden und dem mittellosen Künstler jetzt mehrere Sanatoriumsaufenthalte ermöglichten. Während dieser Aufenthalte entstanden zahlreiche Bilder, und Kirchner nahm in Nele van de Velde, der ältesten Tochter seines Freunde Henry van de Velde, seine einzige Schülerin an. In Davos fand er gemeinsam mit seiner Geliebten Erna Schilling eine neue Heimat, hatte allerdings unter finanziellen Engpässen zu leiden. 1937 erhielt Ernst Ludwig Kirchner eine Einzelausstellung in den USA, musste aber zur gleichen Zeit die Beschlagnahmung von 639 seiner Werke im nationalsozialistischen Deutschland hinnehmen. Eine Auswahl seiner Bilder wurde außerdem auf der berüchtigten Ausstellung »Entartete Kunst« gezeigt. Diese Diffamierung empfand der Künstler als so belastend, dass er schließlich, wohl auch unter dem Einfluss seiner Morphiumsucht, den verhängnisvollen Entschluss zum Suizid fasste.
Ernst Ludwig Kirchner starb am 15. Juni 1939 in Frauenkirch-Wildboden bei Davos in der Schweiz durch einen Herzschuss.
Ernst Ludwig Kirchner - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: