Jirí Kolár

Jirí Kolár – Kolár begann seine Künstlerlaufbahn als Poet

Jirí Kolár wurde am 24. September 1914 im südböhmischen Protivín geboren. Auf seine Lehre als Tischler folgten kurzlebige Abstecher in verschiedene Berufe; er arbeitete unter anderem als Kellner, Bäckergehilfe und Nachtwächter, ehe er in Prag im Verlag Dílo eine Anstellung als Redakteur fand. In dieser Zeit entstanden auch seine ersten Collagen, die 1937 in der Prager Galerie D37 und 1938 im Salzburger Mozarteum gezeigt wurden. Neben der bildenden Kunst beschäftigte sich Jirí Kolár auf Anregung seines Landsmanns František Halas auch mit der Literatur, verfasste eigene Gedichte und übersetzte Werke von T.S. Eliot, Carl Sandburg und Edgar Lee Masters. 1942 gehörte Kolár zu den Gründungsmitgliedern der avantgardistischen Künstlervereinigung »Gruppe 42« (auf Tschechisch: »Skupina 42«), die sich aus Bildenden Künstlern und Literaten zusammensetzte und vor allem auf den Bereich des städtischen Lebens Bezug nahm. Jirí Kolárs Bewunderung für den Philosophen Ladislav Klíma drückte sich in mehreren Werken aus, insbesondere der Collage »Pro Ladislava Klímu«.

Konflikte durch politisch durchdrungene Kunst

Jirí Kolár nahm seine kurzzeitige Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei zum Anlass, sich intensiv und kritisch mit den politischen Verhältnissen seiner Zeit zu beschäftigen. Als freischaffender Künstler in Prag zeigte er sich angetan von Max Ernst und dessen Surrealismus, aber auch vom Dadaismus in Person von Kurt Schwitters. Er studierte das Werk von Karel Teige und Jindřich Štyrský, unternahm Reisen nach Deutschland, Frankreich, England und Schottland und heiratete 1949 Běla Helclová, die es als Běla Kolářová selbst zur berühmten Fotografin brachte. Sein schriftliches Werk galt den Machthabern als subversiv, Jirí Kolár wurde 1953 für mehrere Monate inhaftiert und schließlich mit einem schmerzhaften Publikationsverbot belegt. Auch infolge dieser Schwierigkeiten wandte er sich zunehmend der bildenden Kunst zu, wenngleich er in den 1960er Jahren seine Schreibtätigkeit wieder aufnahm. Den Prager Frühling begleitete er künstlerisch mit seinem »Tagebuch 1968«, einer Sammlung von 66 (ursprünglich 67) Collagen, die heute im Neuen Museum Nürnberg zu sehen sind.

Trotz aller Widerstände prägte Poesie das Werk

Jirí Kolár wurde infolge seiner Haltung im »Prager Frühling« nach dessen Niederschlagung vom Husák-Regime mit einem Arbeitsverbot belegt, seiner Besitztümer beraubt und schließlich ausgebürgert, nachdem er die Menschenrechtserklärung »Charta 77« unterzeichnet hatte. 1977 nahm Jirí Kolár an der Documenta 6 in Kassel teil und lebte ein Jahr in Berlin, fasste in Paris Fuß und arbeitete weiter an seinen Collagen; 1984 erhielt er die französische Staatsbürgerschaft. In seinem Werk verband er Wort und Bild, integrierte zahlreiche Impulse aus Surrealismus, Dadaismus, Konstruktivismus, Informel und Lettrismus, bediente sich bei der konzeptuellen und kinetischen Kunst. Neben Pinsel und Feder waren Skalpell, Schere und Klebstoff wichtige Werkzeuge, die bildende Kunst wurde bei Jirí Kolár zu Poesie. Nach der Samtenen Revolution 1989 trat der Künstler auch in seiner Heimat Tschechien wieder als Protagonist des Kulturlebens auf, 1992 schließlich wurde er rehabilitiert und erhielt die tschechische Staatsbürgerschaft zurück. 1999 veranstaltete die Prager Nationalgalerie eine Retrospektive zu seinen Ehren.

Jirí Kolár starb am 11. August 2002 in Prag.