Ferdinand Kriwet gilt als Pionier der Medienkunst, ohne dessen Schaffen Hörspiele in der heutigen Form nicht denkbar wären. Neben seinen akustischen Stücken arbeitete der deutsche Künstler auch stark visuell, schuf als »Bilddichter« seine »Sehtexte« sowie Bilder und Plastiken.
(...) WeiterlesenFerdinand Kriwet suchte seinen eigenen Weg
Ferdinand Kriwet wurde am 3. August 1942 in Düsseldorf geboren. Während sein Vater die Würstchenbude Kriwets Schnellimbiss betrieb, tat sich der Sohn auf der Schule schwer und stand nach mehreren Versuchen ohne Abschluss da. Das Interesse an bildender Kunst und Literatur erwachte dafür früh; bereits im Alter von 16 Jahren besuchte Kriwet die Galerie des Düsseldorfer Kunstmäzen Jean-Pierre Wilhelm (1912–1968) und zählte die Düsseldorfer Künstlergruppe ZERO um Heinz Mack (*1931), Otto Piene (1928–2014) und Günther Uecker (*1930) zu seinem Bekanntenkreis, auch verkehrte er mit Schriftstellern wie Max Bense (1910–1990) und Helmut Heißenbüttel (1921–1996). Die künstlerischen Grundlagen erwarb sich Ferdinand Kriwet als Autodidakt, eine Kunstschule besuchte er nie, eine Ausbildung besaß er nicht, stattdessen suchte und fand er in den von Aufbruchsstimmung geprägten Nachkriegsjahren seinen eigenen Weg. Dabei half ihm sehr, dass er das »Networking« perfekt beherrschte, lange bevor der Begriff etabliert wurde. Seine Fähigkeit, Kontakte zu finden und zu pflegen, öffnete dem Künstler viele Türen.
Dem Lesen und Hören die Linearität austreiben
Ferdinand Kriwet wollte das Lesen von seiner Linearität befreien und veröffentlichte 1961 zu diesem Zweck mit 19 Jahren im Kölner Verlag DuMont sein erstes Buch, einen experimentellen Text mit dem Titel ROTOR, der weder Anfang noch Ende besaß und in dem sich Wörter und Sätze ohne Interpunktion aneinanderreihten. Begonnen hatte er diese unkonventionelle Arbeit bereits, als er gerade 15 Jahre alt war. Im selben Jahr begann Ferdinand Kriwet auch mit seiner Arbeit für das Radio. Auf seinen Sprechtext Offen folgten zahlreiche Audiocollagen, für die Ferdinand Kriwet auf O-Töne zurückgriff und mit Zitaten und Klängen die Rezeption großer Ereignisse in den Massenmedien verarbeitete: die Mondlandung von Apollo 11 im Jahr 1969, der Kampf um das US-Präsidentenamt zwischen Richard Nixon und George McGovern und Sportreportagen – Kriwet war bekennender Anhänger des Fußballvereins Fortuna Düsseldorf. Das Material für seine Klangcollagen nahm er ganz profan mit Mikrofonen auf, die er vor laufende TV-Apparate hielt – bei der Mondlandung hatte er sich ganze acht Fernseher organisiert, die zur gleichen Zeit liefen und ihn mit Klängen versorgten.
Zur klanglichen Revolution kam die visuelle
Ferdinand Kriwet schuf neben seinen akustischen Arbeiten auch seine berühmten Sehtexte, die er nicht mehr als Bücher, sondern auf Plakatwänden und Ausstellungen veröffentlichte. Häufig dienten ihm Rundscheiben als Grundlage für seine konzentrischen Textkreise, mit der er aus den Buchstaben eine mystische Ornamentik schuf. Zur Typografie als wichtigem gestalterischem Element gesellte sich später das Licht, wie es der Künstler von den grellen Neonreklametafeln der Werbeindustrie kannte. Es entstanden Neon-Installationen, die im öffentlichen Raum zu sehen waren. Ein Teil seines visuellen Oeuvres, darunter Textfahnen und Comicstrips, blieb aufgrund des Materials nicht erhalten, aber viele Rundteller, Tafeln und Textteppiche werden noch heute auf Ausstellungen gezeigt. Für seine revolutionäre und wegweisende künstlerische Arbeit erhielt Ferdinand Kriwet Preise und Auszeichnungen, darunter 1975 den Karl-Sczuka-Preis für Radioball und 1983 die Premios Ondas vom Radio Barcelona für Radio; er war außerdem Mitglied des Deutschen Künstlerbundes und beteiligte sich an dessen Jahresausstellungen, zweimal (1977 und 1983) war er auf der Documenta in Kassel vertreten. In den 1980er-Jahren zog er sich aus dem Kunstbetrieb zurück.
Ferdinand Kriwet starb am 17. Dezember 2018 in Bremen.
Ferdinand Kriwet - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: