Gotthardt Kuehl

Gotthardt Kuehl wurde am 28. November 1851 in Lübeck geboren. Sein Vater Simon Kühl arbeitete als Küster und Organist an der alten Kirche St. Lorenz in Lübeck (1661–1899) und als Lehrer an der örtlichen Volksschule. Auch Gotthardt Kuehl sollte Lehrer werden und besuchte die Handelsschule in Lübeck, zeigte aber eine immer stärker werdende Neigung zur bildenden Kunst. Sein Zeichentalent brachte ihm schließlich ein Stipendium der Kunstakademie Dresden ein, das er 1867 aufnahm. In Dresden lebte auch seine Schwester Wilhelmine Dorothea, die er bereits ein Jahr zuvor besucht hatte, so dass ihm die Eingewöhnung leichtfiel. Zu seinen Lehrern in Dresden gehörten Johann Karl Ulrich Bähr (1801–1869) und Karl Wilhelm Schurig (1818–1874), 1869 war er einer der letzten Schüler von Ludwig Richter (1803–1884). 1870 wechselte Gotthardt Kuehl nach München, wo er von Wilhelm Diez (1839–1907) unterrichtet wurde und mit dem Kreis um Wilhelm Leibl (1844–1900) in Kontakt kam.

Gotthardt Kuehl ging 1879 nach Paris, wo er ein Jahrzehnt lebte und lernte und unter anderem durch die Kunst von Jules Bastien-Lepage (1848–1884) und Édouard Manet (1832–1883) beeinflusst wurde. In Paris fand er zur Freilichtmalerei; 1880 konnte er sich mit zwei Arbeiten am Pariser Salon beteiligen. Von Paris aus besuchte Kuehl immer wieder die Niederlande, um dort die Alten Meister zu studieren, unter denen vor allem Pieter de Hooch (1626–1684) und Jan Vermeer (1632–1675) großen Eindruck auf ihn machten, so dass er verschiedene ihrer Werke kopierte. In den Niederlanden traf Gotthardt Kuehl auch auf Jozef Israëls (1824–1911) und Max Liebermann (1847–1935). Angeregt von Liebermann entstanden Interieurs mit sozialkritischen Elementen, zum Beispiel das Waisenhaus Danzig (1885) und das Altmännerhaus in Lübeck (1886), die zu Kuehls bedeutendsten Werken gezählt werden, zunächst aber aufgrund ihrer »niederer Motive« auf Ablehnung stießen. 1889 kehrte Kuehl nach München zurück, wo er 1892 an der Gründung der Münchener Secession beteiligt war.

Gotthardt Kuehl gründete 1895 in Dresden die Gruppe Die Elbier, die dem Impressionismus den Weg bereiten sollte und sich 1909 mit der Künstlervereinigung Die Zunft zusammenschloss. 1898 trat er eine Professur an der Dresdener Kunstakademie an, kehrte aber immer wieder in seine Geburtsstadt Lübeck zurück. Mit Ludwig Dill (1848–1940) und Fritz von Uhde (1848–1911) kämpfte er darum, das Triptychon in der modernen Kunst zu etablieren. Er war außerdem Mitglied des Deutschen Künstlerbundes und Gründungsmitglied der Künstlervereinigung Dresden. Für seine Kunst erhielt Gotthardt Kuehl Preise und Auszeichnungen, darunter 1896 eine große Goldmedaille auf der Internationalen Kunstausstellung in Berlin; 1913 nahm ihn der bayerische König in den Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst auf. Seit 1888 war Kuehl mit Henriette Simonson-Castelli (1860–1921), einer Tochter seines früheren Zeichenlehrers David Simonson (1831–1896), verheiratet.

Gotthardt Kuehl starb am 9. Januar 1915 in Dresden.