Marie Laurencin gelang mit ihrem filigranen, nahezu zeitlosen Stil, der sich durch fein geschwungene Konturen und luftige Farbgebung auszeichnet, nicht nur ein eleganter Spagat zwischen Kubismus und Fauvismus, sondern auch der Durchbruch als eine der wenigen weiblichen Künstlerinnen ihrer Zeit.
(...) WeiterlesenMarie Laurencin - Erst Porzellanmalerin, dann Künstlerin auf dem Montmartre
Marie Laurencin wurde am 31. Oktober 1883 in Paris geboren. Als uneheliches Kind des Steuerrevisors Alfred-Stanislas Toulet, der an seiner Tochter kein großes Interesse zeigte, war ihre Biografie von Anfang an mit einer Hypothek belastet. Auf Betreiben ihrer Mutter Mélanie-Pauline Laurencin ging Marie Laurencin im Alter von 18 Jahren nach Sèvres, um sich in der dortigen Manufaktur zur Porzellanmalerin ausbilden zu lassen. Ihr großes künstlerisches Talent wurde früh erkannt und führte schließlich zu ihrer Aufnahme an der Pariser Académie Humbert. Dort studierte zu dieser Zeit auch Georges Braque, der Marie Laurencin mit Pablo Picasso und Guillaume Apollinaire bekanntmachte. Apollinaire wurde ihr Freund, Förderer – und Geliebter. Obwohl sie, den Gepflogenheiten der Zeit entsprechend, gern als dessen Muse tituliert wurde, machte sie sich bald einen Namen als durchaus eigenständige Künstlerin. Damit gehörte sie neben Sonia Delaunay und Suzanne Valadon zu den wenigen Frauen, die sich auf dem von Männern dominierten Montmartre durchsetzen konnten.
Ein eigener Stil zwischen Kubismus und Fauvismus
Marie Laurencin erhielt ihre erste Einzelausstellung im Jahr 1908 in der Galerie der Kunsthändlerin Berthe Weill; bereits im Jahr zuvor hatte sie sich mit ihren Bildern an einer Ausstellung des Salon des Indépendants beteiligt. An der Seite von Apollinaire verkehrte sie in den wichtigen Kreisen der Pariser Kunstszene; Henri Rousseau fertigte von dem Paar sein berühmtes Porträt La Muse inspirant le poète. Nachdem die amerikanische Kunstsammlerin Gertrude Stein eine Fassung des Gemäldes Apollinaire et ses amis erworben hatte, gehörte Marie Laurencin endgültig zur etablierten Avantgarde. Trotzdem hielt die Künstlerin stets eine gewisse Distanz, wandte sich weder dem Fauvismus noch dem Kubismus zur Gänze zu, was Jean Cocteau zu freundlichem Spott reizte. Für Auguste Rodin galt Laurencin als »Fauvette«, aber tatsächlich pflegte sie ihren eigenen Stil. Meist stellte sie Frauen dar, schlank und hochgewachsen, in geschwungener Linienführung gemalt, mit mandelförmigen Augen und ovalen Gesichtern. Die an sich gegenständlichen Darstellungen bewegen sich dabei mehr oder minder stark in der Nähe zur Abstraktion.
Dichterin, Bühnenbildnerin und Buchillustratorin
Marie Laurencin lernte 1912 den deutschen Schriftsteller Hanns Heinz Ewers kennen, mit dem sie eine mehrjährige Beziehung führte, was sie allerdings nicht davon abhielt, im Juni 1914 den ebenfalls aus Deutschland stammenden Maler Otto von Wätjen zu heiraten. Vorübergehend nahm Marie Laurencin die deutsche Staatsbürgerschaft an, weshalb sie mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs nach Spanien fliehen musste. Noch während der Kriegsjahre veröffentlichte sie gemeinsam mit Arthur Cravan, Albert Gleizes und Francis Picabia die dem Dadaismusgewidmete Zeitschrift 391, zu der Laurencin eigene Gedichte beisteuerte. Ab Mitte der 1920er-Jahre entwarf die Künstlerin auch Bühnenbilder und gestaltete Buchillustrationen, unter anderem zu Alice im Wunderland von Lewis Carroll.
Marie Laurencin starb am 8. Juni 1956 in ihrer Geburts- und Heimatstadt Paris. Ganz ihren Wünschen entsprechend wurde sie in einem weißen Kleid bestattet, in der Hand eine Rose und auf dem Herzen die Liebesbriefe Apollinaires. Im japanischen Nagano wurde anlässlich ihres 100. Geburtstags ein ihr gewidmetes Museum eröffnet, das sich seit 2017 in der Hauptstadt Tokio befindet und über 600 Werke der Künstlerin präsentiert.
Marie Laurencin - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: