Walter Leblanc

Walter Leblanc - Studium bei Antoine Marstboom, Entdeckung der »Torsionen«

Walter Leblanc wurde am 26. Dezember 1932 in Antwerpen geboren. Von 1946 bis 1954 studierte er in Antwerpen an der Koninklijke Academie voor Schone Kunsten bei Antoine Marstboom, im Anschluss von 1955 bis 1956 noch ein weiteres Jahr am Hoger Institut voor Schone Kunsten. Die Entscheidung für eine Karriere als Künstler fiel schon früh, trotzdem arbeitete Walter Leblanc nach seiner Heirat mit Nicole Labedz im Jahr 1956 zunächst eine Zeit lang als Werbegrafiker, um den Unterhalt für seine junge Familie zu sichern. Anfang der 1950er-Jahre experimentierte Walter Leblanc mit monochromen Darstellungen abstrakt-geometrischer Formen, später schuf er Reliefreihen aus Sand, die sich vor allem durch ihr geschicktes Lichtspiel auszeichneten. 1958 gehörte Leblanc zu den Mitbegründern der Künstlergruppe G58, ein Zusammenschluss junger belgischer Künstler, die gegen ihre Nichtbeachtung bei der Ausstellung »50 Jahre Kunst der Moderne« protestieren wollten. Zu diesem Zweck erwarb man eine alte Lagerhalle und präsentierte dort gemeinschaftlich eigene Kunstwerke. 1959 entdeckte Walter Leblanc die »Torsionen«, die für seine Kunst charakteristisch werden sollten. Dabei erzeugte der Künstler durch gewundene Papier- und Kartonstreifen sowie Fäden und Plastikbändern die optische Täuschung einer dreidimensionalen, gedrehten Oberfläche.

Walter Leblanc suchte die verborgene Struktur der Dinge

Walter Leblanc erkannte schon früh in seiner Künstlerlaufbahn, dass es hinter dem äußeren Erscheinungsbild der Dinge eine oft verborgene Struktur gab, die er mit seiner Kunst herausarbeiten wollte. Alles Zweideutige wollte der Künstler vermeiden, allen unnötigen Ballast entsorgen, um das Objekt seiner Darstellung auf das Wesentliche zu beschränken. Den Schlüssel zu dieser Aufgabe fand Leblanc in der Oberfläche des Werkes, dem er eine dritte Dimension verleihen wollte, ohne weitere Elemente hinzuzufügen. Es gelang ihm, indem er die Oberfläche um sich selbst drehte – dieses Prinzip waren die bereits erwähnten »Torsionen«. Das Ergebnis war die vom Künstler gewünschte Einheitlichkeit von Farbe, Struktur und Material. Leblanc wollte nach eigener Aussage nicht ein Kunstwerk aus mehreren Entwicklungsstufen schaffen, sondern jede Entwicklungsstufe in ein eigenes Kunstwerk umsetzen. Mit dieser Methode hatte der belgische Meister großen Erfolg und konnte sich in den 1960er-Jahren fest auf dem Kunstmarkt etablieren. Er gehörte der Nouvelles Tendances an und beteiligte sich an Ausstellungen der Gruppe ZERO. Immer häufiger verband er seine gestaltende Kunst mit Architektur, so gestaltete er in den 1970er-Jahren die Aula der Universität Antwerpen.

Lehrtätigkeit, vorzeitiger Unfalltod und bleibendes Vermächtnis

Dem Künstler Leblanc lag auch daran, seine Erkenntnisse und sein Wissen zu vermitteln: 1977 übernahm er einen Lehrauftrag in seiner Heimatstadt. 1981 begann Walter Leblanc die Arbeiten an einem besonderen Projekt: Die künstlerische Ausgestaltung des Brüsseler U-Bahnhofs Simonis sollte sein Vermächtnis werden, dessen feierliche Enthüllung er nicht mehr erlebte: Walter Leblanc starb am 14. Januar 1986 in Silly bei einem Autounfall. Seine Witwe Nicole Leblanc bemühte sich sehr, das Werk ihres verstorbenen Mannes auch nach seinem Tod einem größeren Publikum bekanntzumachen. Heute kümmert sich die gemeinnützige Stiftung Walter & Nicole Leblanc um die Verwirklichung dieses Wunsches.