Peter Leibing genügte ein einziges Foto, um sich einen ewigen Platz in der Geschichte der Fotografie zu sichern: Der deutsche Fotograf drückte genau im richtigen Moment auf den Auslöser, als der DDR-Grenzschützer Conrad Schumann mit einem beherzten Sprung über den Stacheldraht in den Westen flüchtete.
(...) WeiterlesenPeter Leibing – Als Foto-Volontär von Hamburg nach Berlin
Peter Leibing, geboren 1941 in Hamburg, begeisterte sich früh für die Fotografie und brach seine Lehre bei Siemens ab, um als Volontär für die Hamburger Fotoagentur Conti-Press zu arbeiten. Als diese ihn 1961 nach West-Berlin schickte, ahnte er nicht, dass ihm dort das Foto seines Lebens gelingen würde, eine Medienikone, die ihn zeitweise zum berühmtesten Fotografen der jungen Bundesrepublik machen würde. Der unangekündigte Bau der Berliner Mauer am 13. August versetzte die ganze Stadt in einen Schock und lockte Fotografen und Reporter aus dem ganzen Bundesgebiet nach Berlin. Peter Leibing wurde von seiner Agentur per Zufallsprinzip ausgewählt, setzte sich in das Flugzeug und postierte sich zunächst am Brandenburger Tor, wechselte nach einem Tipp des Polizei-Pressesprechers aber in die Bernauer Straße, an der die Teilung der Stadt besonders deutlich wurde, da sie zu einer Hälfte in West-Berlin lag und zur anderen Hälfte in Ost-Berlin. Vier Stunden lang starrte Leibing am 15. August 1961 die surreal wirkende Stacheldrahtgrenze an.
Rechtsstreit um die Urheberschaft einer Medienikone
Peter Leibing hatte für sein berühmtes Foto nur einen winzigen Augenblick, und er nutzte ihn, als sich gegen 16 Uhr der 19-jährige Volkspolizist Conrad Schumann zur kühnen Flucht entschloss und über die Stacheldrahtbegrenzung in die Freiheit sprang. Ganz unvorbereitet war Leibing nicht gewesen, Passanten hatten ihn auf Schumann aufmerksam gemacht, der den Stacheldraht geprüft hatte, und die Westberliner Polizei hatte bereits einen Mannschaftswagen bereitgestellt, um den potenziellen Flüchtling zu ermutigen und in Sicherheit zu bringen. Obwohl mehrere Fotografen auf den Auslöser drückten, gelang nur Peter Leibing die Aufnahme im richtigen Augenblick – dabei profitierte der junge Fotograf von den Erfahrungen, die er als Bildreporter bei den Hamburger Springreitturnieren gesammelt hatte. Das Foto gelang und wurde weltberühmt – aber Leibing verdiente kaum etwas an den Bildrechten, da diese der Agentur gehörten, in deren Auftrag er gearbeitet hatte. Zunächst sah es sogar so aus, als würde ihm der Ruhm der Urheberschaft verweigert: Sein Fotografenkollege Klaus Lehnartz nahm die Urheberschaft an der berühmten Fotografie in Anspruch, ein Rechtsstreit führte schließlich 1981 zu der Anerkennung von Peter Leibing als Urheber des Bildes Sprung in die Freiheit.
Gewöhnliche Laufbahn als Polizei- und Pressefotograf
Peter Leibing und sein Modell Conrad Schumann pflegten eine Freundschaft, die bis zu Schumanns Tod 1998 währte. Wirklich frei gefühlt hat sich der berühmte Flüchtling jedoch erst 1989 nach dem Mauerfall – den der Fotograf Leibing zu seinem persönlichen Verdruss völlig unvorbereitet in seinem Urlaub in Gran Canaria erlebte, so dass an Fotografieren nicht zu denken war. Dafür erhielt er nach der Insolvenz seines früheren Arbeitgebers und einem weiteren Rechtsstreit endlich die Rechte an seinem berühmtesten Werk – und verdiente nun selbst an den ständigen Nachdrucken. Von dem berühmten Original gibt es auch eine Art Fälschung: Manche Redakteure, die die Rechte an Leibings Foto nicht bezahlen wollten, griffen stattdessen auf das Standbild eines Wochenschaufilms zurück, dessen Kameramann neben Leibing filmte, im Gegensatz zu diesem aber weniger Details einfing. Großen Einfluss auf seine berufliche Laufbahn hatte das Jahrhundertbild ohnehin nicht: Als Fotograf war Peter Leibing für Polizei und Presse tätig, seine Bilder erschienen im Hamburger Echo, in der Hamburger Morgenpost und im Hamburger Abendblatt.
Peter Leibing starb am 2. November 2008 in Oerel.
Peter Leibing - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: