Herbert List

Herbert List wurde am 7. Oktober 1903 in Hamburg geboren. Der Sohn des aus Leipzig stammenden Kaffee-Importeurs Felix List (1868–1931) und seiner Frau Luise Weiße (1880–1954) sollte die Nachfolge des Vaters im familieneigenen Unternehmen antreten und wurde zu diesem Zweck mit 18 Jahren bei einem Heidelberger Branchenkollegen in die Lehre geschickt. Parallel besuchte der Neffe des Verlegers Paul List (1869–1929) aber auch Vorlesungen in Literatur- und Kunstgeschichte. 1925 trat Herbert List in die väterliche Firma List & Heineken in Hamburg ein und unternahm mehrere Geschäftsreisen nach Lateinamerika, wo er Kaffeeplantagen inspizierte und fotografierte. Auch seine Besuche in Mexiko und Kalifornien hielt der junge Mann mit der Kamera fest. Er verkehrte mit Künstlern wie den Geschwistern Erika Mann (1905–1969) und Klaus Mann (1906–1949), Eduard Bargheer (1901–1979) und Stephen Spender (1909–1995) und fühlte sich mehr und mehr zur Kunst hingezogen.

Herbert List begann auf Anregung des deutsch-amerikanischen Fotografen und Bauhaus-Schülers Andreas Feininger (1906–1999), mit dem ihn eine persönliche Freundschaft verband, und nach der Beschäftigung mit den Werken von Giorgio di Chirico (1888–1978), René Magritte (1898–1967) und Man Ray (1890–1976), selbst die Fotografie als Kunst und Profession ernsthaft zu betreiben. An der Seite von Andreas Feininger zog Herbert List durch die Straßen der Stadt und experimentierte mit der zu dieser Zeit gerade neu auf den Markt gekommenen Spiegelreflexkamera. Nach dem Tod seines Vaters übernahm er im Jahr 1931 zwar noch kurzzeitig die Leitung des Unternehmens, gab diese aber schon vier Jahre später an seinen jüngeren Bruder weiter und emigrierte nach Paris, um der drohenden Verhaftung durch die Gestapo zu entgehen, bei der er sich durch seine teils jüdische Abstammung, seine Homosexualität sowie seine kritische Haltung zum NS-Staat missliebig gemacht hatte.

Herbert List zeigte in seinen frühen autodidaktischen Arbeiten deutliche Einflüsse von Neuer Sachlichkeit und Bauhaus, ehe er sich später zunehmend vom französischen Surrealismus inspirieren ließ. Nach seiner ersten Ausstellung in Paris arbeitete er in London auf Anraten seiner Freunde George Hoyningen-Huene (1900–1968) und Cecil Beaton (1904–1980) als Modefotograf, um mit Veröffentlichungen in Zeitschriften wie Vogue, Life, Harper's Bazaar und Verve seinen Unterhalt zu bestreiten und Erfahrungen in der Studiofotografie zu sammeln. Künstlerisch stellte ihn diese Arbeit jedoch nicht zufrieden, so dass er einen Neuanfang in Athen versuchte, wo sein großes Buchprojekt Licht über Hellas Gestalt annahm. Die Invasion Griechenlands durch italienische und deutsche Truppen zwang den Künstler zur Rückkehr nach Deutschland, wo er zur Wehrmacht eingezogen wurde. Nach dem Krieg fotografierte er die zerstörten Städte, arbeitete für die von den Besatzungsmächten herausgegebene Zeitschrift Heute als Kulturredakteur und unternahm zahlreiche Reisen nach Griechenland, Spanien, Italien, Frankreich und in die Karibik.

Herbert List beschickte zahlreiche internationale Ausstellungen, unter anderem in Zürich, München, London, Mailand und New York. Er kooperierte mit Robert Capa (1913–1954) und dessen Fotoagentur Magnum. Für sein fotografisches Werk erhielt Herbert List Preise und Auszeichnungen, darunter im Jahr 1964 die David-Octavius-Hill-Medaille der Gesellschaft deutscher Lichtbildner. Sein Freund Stephen Spender setzte ihm in seinem Roman The Temple ein literarisches Denkmal mit der Figur des Joachim.

Herbert List starb am 4. April 1975 in München.