Richard Paul Lohse - Entbehrungsreiche Jugend prägt soziales Bewusstsein und Bildungshunger
Richard Paul Lohse wurde am 13. September 1902 in Zürich geboren. Der frühe Tod des Vaters brachte ihn und seine Mutter in wirtschaftlich prekäre Verhältnisse, weshalb er seine ursprüngliche Absicht, in Paris zu studieren um Maler zu werden, nicht verwirklichen konnte. Diese Erfahrungen prägten den jungen Mann, der auch im späteren Verlauf seiner Karriere nie den Blick für soziale Ungleichheiten verlor, starkes soziales Engagement zeigte und jede Möglichkeit der Weiterbildung ergriff. Nach einer Reihe von Gelegenheitsarbeiten konnte er von 1918 bis 1922 in der Werbeagentur von Max Dalang eine Lehre als Reklamezeichner absolvieren; dort machte er die Bekanntschaft des deutschen Fotografen Anton Stankowski. Das große Ziel blieb die Malerei, allerdings musste sich Richard Paul Lohse seine Kenntnisse als Autodidakt aneignen. Dabei experimentierte er mit ganz verschiedenen Stilrichtungen, tastete sich von anfänglichem Realismus hin zu Expressionismus und Kubismus, wobei er der Grafik stets denselben Wert zubilligte wie der Malerei. Nach der Auffassung Lohses teilten alle Künste gemeinschaftlich die Aufgabe, die Welt zu gestalten.
Gründung der »Allianz«, Widerstand gegen die Ständegesellschaft
Die Werbegrafik, wie er sie bei Max Dalang kennenlernte, stellte für Richard Paul Lohse eine wichtige und weitreichende Inspiration dar. Auch nach seinem Weggang aus Dalangs Atelier fertigte er bis in die 1960er-Jahre hinein Grafiken an, häufig für Zeitschriften. Sein Hauptaugenmerk galt allerdings der Malerei, die er jetzt endlich wunschgemäß verfolgen konnte. Intensiven Kontakt pflegte er mit gleichgesinnten Künstlern; an der Seite von Leo Leuppi rief er 1937 die »Allianz«, eine Vereinigung moderner Schweizer Künstler, ins Leben. Unter klaren Hinweisen auf die sich bereits abzeichnende Entwicklung hin zur Konkreten Kunst ging es für Richard Paul Lohse darum, bestehende Hierarchien und strukturelle Ungleichheiten aufzulösen und durch gleichberechtigte, egalitäre Ordnungen zu ersetzen. Bevorzugungen, erste Plätze, Standesdünkel wollte er, der in seiner Jugend unverschuldet an das Ende der gesellschaftlichen Kette gefallen war, unbedingt aufheben.
Widerstand im Zweiten Weltkrieg, erfolgreiche Nachkriegsjahre
Auch im Zweiten Weltkrieg entschied sich der Künstler für eine klare Struktur und bekannte Farbe: Richard Paul Lohse ging in den Widerstand, scheute kein Risiko und half unter beträchtlicher Gefahr Verfolgten bei der Flucht. Dabei lernte er Ida Alis Dürner kennen, die später seine Lebensgefährtin wurde. Nach dem Krieg gestaltete Richard Paul Lohse von 1947 bis 1955 die Zeitschrift »Bauen und Wohnen«, im Anschluss wurde er Mitredaktor des Züricher Magazins »Neue Grafik«. Im Rahmen dieser Tätigkeit machte er die Bekanntschaft von Jean Arp, Augusto Giacometti und Le Corbusier. Aufgrund seiner unangepassten, sperrigen Art erhielt Richard Paul Lohse Preise und Ehrungen nur spärlich und spät, aber er nahm an der 4. und 7. documenta in Kassel teil und der Saarländische Rundfunk widmete ihm 1973 eine Filmproduktion.
Richard Paul Lohse starb am 16. September 1988 in Zürich. Der Großteil seiner Werke befindet sich in Museen seiner Heimatstadt.
Richard Paul Lohse - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: