Mario Merz

Mario Merz - Die Kunst als Dolmetscher zwischen Natur und Kultur

Mario Merz wurde am 1. Januar 1925 in Mailand geboren. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er allerdings in Turin, wo sein Vater einen Auftrag als Ingenieur angenommen hatte. Der Zweite Weltkrieg behinderte den von seinem Vater gewünschten Werdegang zum Mediziner: Mario Merz' politisches Engagement in der Partisanengruppe Giustizia e Libertà brachte ihn in Konflikt mit den faschistischen Machthabern; 1945 wurde er für kurze Zeit inhaftiert. Nach seiner Entlassung brach Merz das Medizinstudium ab und wandte sich völlig der Kunst zu, wobei er seine Kenntnisse durchweg als Autodidakt erwarb. Seine künstlerischen Anfänge liegen im Dunkeln, doch wurde er Zeuge von Informel und Tachismus und malte selbst eine Zeit lang in diesem Stil. Die stete Suche nach dem passenden Ausdruck führten ihn Mitte der 1960er-Jahre von der informellen Malerei weg zu einer intensiven Beschäftigung mit der existenziellen Bedeutung der Dinge des Alltags. Die Verbindung zwischen Natur und Kultur faszinierte den Künstler, der sich darum bemühte, eine angemessene Metapher für das komplexe Beziehungsgeflecht zu finden.

Neonröhren und Iglus als Markenzeichen der Armen Kunst

Mario Merz experimentierte mit immer neuen, teils kühnen Ansätzen. Für sein Vorhaben, eine 15 Zentimeter dicke Farbspirale auf eine Leinwand aufzutragen, benötigte er so viel Farbe, dass er nach eigener Aussage sämtliche Farbtuben zwischen Pisa und Viareggio aufkaufen musste. Seine Begeisterung für Farbe und Struktur führte ihn zur Neonröhre, die schnell sein Markenzeichen und bevorzugtes Element wurde. Für den Künstler stellte die leuchtende Röhre eine unerschöpfliche Energie dar, die er immer wieder neu zu nutzen verstand. Mario Merz fand gleichgesinnte Künstler wie Emilio Prini, Alighiero Boetti, Luciano Fabro, Giulio Paolini und Jannis Kounellis, mit denen er die Bewegung Arte Povera begründete. Die sogenannte Arme Kunst wäre ohne Merz, der als ihr Hauptvertreter galt, wohl kaum denkbar gewesen. 1968 begann Mario Merz mit der Konstruktion seiner berühmten Iglus, die er als eine Urform der Behausung begriff. Im Gegensatz zu den klassischen Iglus der Eskimos ist seine Variante nicht kompakt und geschlossen, sondern durchlässig und lose gehalten.

Ein Motorrad mit Gazellenhörnern begeistert die Welt

Mario Merz zollte als Künstler der Wahrheit des Augenblicks ebenso Tribut wie der erdachten Utopie; beides wollte er in lebendiger Folge entwickeln und ausdrücken. In den 1970er-Jahren entwickelte er seine Fibonacci-Zahlen in Anlehnung an den Naturphilosophen Leonardo da Pisa. Sein spektakulärster Erfolg gelang Mario Merz anlässlich seiner Documenta-Teilnahme im Jahr 1972: Er ersetzte den Lenker eines Motorrads durch Gazellenhörner und ließ das Konstrukt scheinbar eine Wand hinauffahren. Das Werk wurde begeistert aufgenommen und verschaffte ihm den internationalen Durchbruch. Für seine Kunst erhielt Mario Merz Preise und Auszeichnungen, darunter den Praemium Imperiale Sculpture in Tokio und den Kaiserring der Stadt Goslar.

Mario Merz starb am 9. November 2003 in Turin. Er war von 1960 bis zu seinem Tod mit der italienischen Bildhauerin und Installationskünstlerin Marisa Merz verheiratet.