Als promovierter Jurist auf Umwegen zur Fotografie
Erich Salomon wurde am 28. April 1886 in Berlin geboren. Der Sohn des vermögenden jüdischen Bankiers und Kommerzienrats Emil Salomon wuchs in großbürgerlichen Verhältnissen auf und lernte früh, sich in höheren Kreisen sicher zu bewegen. Diese Eigenschaft sollte ihm wie auch seine Vielsprachigkeit bei seinem späteren Beruf als Bildreporter von großem Nutzen sein. Zunächst studierte er jedoch Maschinenbau und Rechtswissenschaften und promovierte 1913 als Jurist an der Universität Rostock. Als Soldat im Ersten Weltkrieg geriet Erich Salomon 1914 an der Westfront in französische Kriegsgefangenschaft, 1918 gelangte er im Rahmen eines Gefangenenaustauschs wieder in Freiheit. In Berlin arbeitete Salomon als Börsenmakler und versuchte die Folgen der deutschen Inflation von 1914 bis 1923 durch die Gründung eines Taxiunternehmens abzufedern. Sein originelles Werbeinserat in der Vossischen Zeitung öffnete ihm die Tür zum Ullstein Verlag, bei dem er ab 1926 in der Werbeabteilung tätig war. Zur Aufbesserung seines Gehalts begann er in dieser Zeit mit der Fotografie.
Der erste Superstar unter den Fotojournalisten
Erich Salomon war 39 Jahre alt, als er als ernsthafter Fotograf debütierte. Eine heimlich entstandene Bildreportage während eines Mordprozesses erregte bei ihrer Veröffentlichung 1928 in der Berliner Illustrirten Zeitung großes Aufsehen. Seine Bilder unterschieden sich deutlich von dem bisher Gewohnten: keine statischen Kompositionen mit verkrampften Gesichtern und Posituren, stattdessen lebensnahe Aufnahmen, direkt aus dem Geschehen gegriffen. Möglich wurde das durch Salomons Technikaffinität. Erich Salomon benutzte moderne Kameramodelle mit starkem Blitzlicht, arbeitete mit der in einem Hut, einem Verband oder einem ausgehöhlten Buch versteckten Kamera und erzielte auf diese innovative Weise Fotografien, die selbst die Fotografierten begeisterten – unter Diplomaten galt bald die Regel, man könne eine Konferenz ohne Minister abhalten, aber keinesfalls ohne Erich Salomon. Die Zeitungen feierten ihn als den »Houdini der Fotografie«, während er sich selbst lieber als Historiker mit Kamera betrachtete. An seinem Star-Status änderte alle Bescheidenheit nichts. Hinzu kam, dass sich Erich Salomon auf die Selbstvermarktung verstand: Er löste sein Vertragsverhältnis mit dem Ullstein Verlag, arbeitete auf eigene Rechnung und signierte als erster Fotoreporter seine Bilder mit Namen.
Bis heute gültige Maßstäbe des Bildjournalismus
Erich Salomon bewies bei seinen Aufnahmen Respekt und Feingefühl, er sprach die Sprache der Fotografierten, der Berühmten und Mächtigen, mit einigen Politikern und Künstlern verbanden ihn sogar beinahe freundschaftliche Bande. Trotz aller Authentizität stellte Salomon keines seiner Modelle bloß, wahrte auch in schwierigen Situationen die Würde der Abgebildeten, setzte Maßstäbe, die bis in die Moderne gültig sind. Die Berufsbezeichnung Bildjournalist geht auf Salomon zurück, den sein Gespür für die politische Lage nur einmal im Stich ließ: Als 1933 die Nationalsozialisten die Macht ergriffen, unterschätzte er die Gefahr, die ihm und seiner Familie drohte. Er emigrierte zwar in die Niederlande, wurde aber dort 1943 denunziert und deportiert.
Erich Salomon wurde mit seiner Frau und seinem Sohn am 7. Juli 1944 im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau von den Nationalsozialisten ermordet. Ein Grab gibt es nicht, auf dem Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee erinnert ein Gedenkstein an den Künstler. Sein älterer Sohn Otto Salomon überlebte und wurde als Fotograf unter dem Pseudonym Peter Hunter bekannt.
Erich Salomon - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: