Franz Wilhelm Seiwert wirkte unter dem Menetekel des Fortschritts, der seine Kunst prägte und sein Leben bestimmte. Dem Fortschritt verdankte der Künstler Antrieb, Inspiration und seinen frühen Tod.
(...) WeiterlesenFranz Wilhelm Seiwert empfand sich schon früh als Märtyrer
Franz Wilhelm Seiwert wurde am 9. März 1894 in Köln geboren. Im Alter von sieben Jahren musste er an einem Röntgenexperiment teilnehmen, dessen Folgen den Rest seines Lebens überschatteten und ihn mit eitrigen Wunden und Verbrennungen zeichneten. Für die Entwicklung seiner Persönlichkeit erwies sich diese Erfahrung als essenziell; Franz Wilhelm Seiwert verstand das Leben als Martyrium, sah seinen Sinn im kummervollen Ertragen der Welt. Ab 1910 besuchte er die Kunstgewerbeschule in seiner Heimatstadt Köln, im Anschluss arbeitete er bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs bei einem Architekten. 1916 machten ihn der Kulturphilosoph Carl Oskar Jatho und seine Frau, die Schriftstellerin Käthe Jatho-Zimmermann, mit dem Expressionismus bekannt, der ihn nachhaltig beeinflusste. Franz Wilhelm Seiwert entwarf in diesem für ihn aufregend neuen Stil zahlreiche Holzschnitte, die von dem Ehepaar Jatho in zwei Bilderbüchern veröffentlichten. Einige dieser Werke tragen eine christliche Handschrift, die vorrangig dem persönlich erfahrenen Leid des Künstlers geschuldet sind.
Die Abstraktion des Elends brachte internationale Anerkennung
Franz Wilhelm Seiwert hielt sich in den Jahren 1919 und 1920 in dem Eifeldorf Simonskall auf, das für viele Künstler im Ersten Weltkrieg zu einem Rückzugsort geworden war. Er lernte Max Ernst und seine Dadaisten kennen und wurde gebeten, sich an einer großen Dada-Ausstellung in Köln zu beteiligen. Zunächst wollte er diesem Wunsch auch entsprechen, zog dann aber seine Werke doch noch kurzfristig zurück, weil ihm Dada zu nah am »bürgerlichen Kunstbetrieb« schien. Wieder in Köln, wandte er sich dem Marxismus zu und schuf immer abstrakter anmutende Bilder, die vorrangig das soziale Elend der Arbeiterschicht im Ruhrgebiet behandelten. Zu seinen Freunden gehörten der Fotograf August Sander und die Maler Anton Räderscheidt und Heinrich Hoerle. Seiwerts Werke erschienen in der von Franz Pfemfert verantworteten Zeitschrift Die Aktion sowie in Herwarth Waldens Der Sturm. Er war nun eine etablierte Größe im Kunstbetrieb und konnte eine rege Ausstellungstätigkeit vorweisen, die vielleicht wichtigste war jene im Barmer Museum, die ihn auch international bekanntmachte und dazu führte, dass das Museum in Detroit mehrere seiner Werke kaufte.
Franz Wilhelm Seiwert starb als Geächteter
Franz Wilhelm Seiwert hatte in den frühen 1930er-Jahren nicht nur unter den Nationalsozialisten, deren Kunstauffassung seine Arbeit zuwiderlief, sondern auch zunehmend mit seiner schwächlichen Gesundheit zu kämpfen. Sein immer schlechter werdender Zustand war es auch, der seiner Flucht ins Siebengebirge ein Ende setzte und ihn zur Rückkehr nach Köln zwang. Dort sorgten jüdische Freunde dafür, dass er im »israelitischen Asyl für Kranke und Altersschwache« unterkam, wo der Radiologe Walter Blank vergeblich versuchte, seinem Leiden Linderung zu verschaffen. An Heilung war jedoch nicht zu denken, Franz Wilhelm Seiwert starb am 3. Juli 1933 an den Folgen der Strahlenerkrankung, die er als Siebenjähriger erlitten hatte. Er wurde auf dem Kölner Nordfriedhof begraben, als Grabstein diente sein im Jahr 1929 entstandenes Relief Sich küssendes Paar. Der Großteil seines künstlerischen Vermächtnisses befindet sich heute in den Händen privater Sammler, einige wenige Stücke sind auch im Von der Heydt-Museum in Wuppertal und im Kölner Museum Ludwig zu sehen. Seit 1962 gibt es in seiner Geburts- und Heimatstadt Köln außerdem eine nach ihm benannte Straße.
Franz Wilhelm Seiwert - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: