Kazuo Shiraga

Kazuo Shiraga - Malstudium in traditionellen Grenzen, schwere Erkrankung

Kazuo Shiraga wurde am 12. August 1924 als einziger Sohn einer wohlhabenden Händlerfamilie in Amagasaki geboren und zeigte schon im Alter von 14 Jahren großes Interesse am Malen mit Ölfarben. Der Vater, selbst ein erklärter Kunstfreund, förderte die Neigung des Sohnes und ermöglichte diesem zunächst den Besuch eines Malkurses und schließlich den Beginn eines Malstudiums in Kyōto. Weil aber Japan zwischenzeitlich mit dem Angriff auf Pearl Harbor den Kriegseintritt der USA provoziert hatte, musste auch Kazuo Shiraga sein Studium unterbrechen und sich den Streitkräften seines Heimatlandes anschließen. Obwohl er in Osaka eine militärische Grundausbildung durchlief, wurde er nie an die Front geschickt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Kapitulation Japans setzte Shiraga sein Studium fort, erkrankte jedoch bald schwer und war für sechs Monate an das Bett gefesselt. In dieser Zeit vermittelte ihm Kanayama Akira zwei Kunstbücher von Toyama Usaburo – eine Lektüre, die den jungen Malstudenten stark beeindruckte.

Nach dem Krieg begann für Japans Künstler eine neue Zeitrechnung

Kazuo Shiraga heiratete nach seiner Genesung Uemura Fujiko und schloss sein Studium erfolgreich ab. Sein Studienfreund, der Maler Ito Tsuguro, ermutigte ihn zur Teilnahme an einer Ausstellung. Anfang der 1950er-Jahre kam Kazuo Shiraga möglicherweise im Rahmen der Yomiuir Independant Exhibition in Tokio erstmals mit dem Werk von Jackson Pollock in Berührung. Jedenfalls begann er zu dieser Zeit, sich dem Action-Painting zuzuwenden. Er legte den Pinsel beiseite und trug die Farbe fortan mit bloßen Händen auf – eine Zeitenwende in der japanischen Kunstwelt. Kazuo Shiraga, der sich von jeher für moderne Malerei interessierte, als Student aber nur die Möglichkeit einer traditionellen Ausbildung gehabt hatte, nahm die Gelegenheit dankbar wahr, sich von den überkommenen Mustern zu lösen und eigene Wege zu gehen. Dabei begünstigte der völlige Zusammenbruch Japans nach dem Krieg diese neue Entwicklung und ermöglichte zahlreichen jungen Künstlern die Verwirklichung ihrer revolutionären Ideen, denen unter anderen Umständen wohl nicht dieselbe Offenheit in dem äußerst traditionsbewussten Land zuteilgeworden wäre.

Seine spektakuläre Aktionskunst machte Shiraga weltberühmt

Kazuo Shiraga nahm die Vorstellung einer Stunde Null für die japanische Kunst auf und gründete mit Saburo Murakami, Kaiko Tanaka und Akira Kanayama die Künstlervereinigung Zero, die bald in der nur wenig älteren Gutai-Gruppe aufging. Von Anfang an orientierte man sich an der westlichen Avantgarde, die bald selbst wiederum interessiert auf die japanischen jungen Wilden um Shiraga blickte. Gleich bei seiner ersten Beteiligung an einer Gutai-Ausstellung inszenierte Shiraga ein Spektakel, als er sich für seine Performance Challenging Mud im Schlamm wälzte. Mit seiner aktionistischen Malweise, bei der er sich an einem Seil aufhängen ließ, um mit bloßen Füßen zu malen, legte Kazuo Shiraga den Grundstein für seinen internationalen Ruhm und beeindruckte Künstler wie Yves Klein und Georges Mathieu. Der französische Sammler Michel Tapié machte Shiraga in Europa bekannt und verschaffte ihm in Paris seine erste Einzelausstellung außerhalb Japans. In den 1970er-Jahren trat Shiraga in ein buddhistisches Kloster ein, blieb dem Action-Painting aber treu; zahlreiche japanische und internationale Ehrungen zeugen von seinem Ruhm.

Kazuo Shiraga starb am 8. April 2008 in seiner Geburts- und Heimatstadt Amagasaki.