Emmanuel Sougez

Emmanuel Sougez wurde am 16. Juli 1889 als Louis-Victor-Emmanuel Sougez in Bordeaux geboren. Er war das älteste von insgesamt drei Kindern eines Korbflechters. Schon in frühen Jahren begeisterte er sich für die bildenden Künste, doch gehörte seine Liebe zunächst der Malerei, die er im Alter von 15 Jahren an der École des Beaux-Arts in Bordeaux zu studieren begann. Mit der Fotografie beschäftigte sich Emmanuel Sougez nebenbei; in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg entstanden zahlreiche Landschaftsaufnahmen in ganz Europa. Dabei erkannte er, dass seine eigentliche Berufung als Künstler in der Fotografie lag, und er verließ die Kunstschule unter der Prämisse, lieber ein guter Fotograf werden zu wollen als ein mittelmäßiger Maler.

Emmanuel Sougez ging nach dem Ende des Ersten Weltkrieges nach Paris und fand dort eine Anstellung als Fotojournalist bei der Zeitschrift L'illustration. 1926 rief er deren Fotoabteilung ins Leben, die er bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs leitete. Emmanuel Sougez studierte die fotografischen Strömungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, orientierte sich bei der Entwicklung seiner eigenen fotografischen Technik vornehmlich an der Neuen Sachlichkeit und an der Bauhaus-Fotografie; in Amerika war es vor allem die von Ansel Adams, Edward Weston, Imogen Cunningham, Willard van Dyke, Sonya Noskowiak und anderen gegründete Group f/64 (Blende 64), deren auf große Schärfentiefe ausgerichteten Bilder ihn beeindruckten. Aufgrund dieser Erfahrungen wurde Emmanuel Sougez in Frankreich zum Initiator einer neuen fotografischen Bewegung, die zugunsten einer strengen, unverfälschten und präzisen Ästhetik bewusst auf pittoreske und sentimentale Bildkomposition verzichtete. Ab 1919 war er als Werbefotograf für renommierte Unternehmen wie Nestlé, Rodier, Dunhill oder Roquefort-Société tätig.

Emmanuel Sougez gehörte zu den ersten Fotografen, die mit der neu entwickelten Rolleiflex arbeiteten. 1931 suchte er den Kontakt zu der deutsch-amerikanischen Leica-Fotografin Ilse Bing, die gerade nach Frankreich übersiedelt war, und deren dynamischen Schnappschussfotografien ihn tief beeindruckt hatten. Es entstand eine langjährige Freundschaft, die selbst den Krieg überdauerte: Bing machte Sougez mit den Feinheiten der Leica-Kamera vertraut, während er sie 1934 in einem Artikel für die Zeitschrift L'Art vivant zur »Königin der Leica« krönte. 1932 nahm der New Yorker Galerist Julien Levy Sougez' Arbeiten in die Gruppenausstellung Modern European Photography auf. Noch kurz vor dem Zweiten Weltkrieg gründete Emmanuel Sougez 1939 die Gruppe L'Rectangle, die an zahlreichen Fotografie-Ausstellungen im In- und Ausland teilnahm. Nach dem Krieg trat Sougez der Fotografenvereinigung Groupe des XV bei, zu der auch Willy Ronis und Robert Doisneau gehörten. Der objektive, geradlinige Ansatz wich in den späteren Jahren einer etwas poetischeren, mehr subjektiven Perspektive.

 

Emmanuel Sougez starb am 24. August 1972 in Paris.