Otto Steinert fand zur Fotografie als interessierter Laie und entwickelte sich rasch zu einem ihrer bedeutendsten und einflussreichsten Vermittler. Mit seiner Subjektiven Fotografie verlieh er der deutschen Nachkriegsfotografie entscheidende Impulse, die bis in die Gegenwart nachwirken.
(...) WeiterlesenOtto Steinert - Frühe Liebe zur Fotografie, Studium der Medizin und NSDAP-Beitritt
Otto Steinert wurde am 12. Juli 1915 in Saarbrücken geboren. Der Sohn eines Vertreters interessierte sich schon im Kindesalter für die Fotografie; seine ersten erhaltenen Bilder datieren auf das Jahr 1929, da war der kleine Otto gerade einmal 14 Jahre alt. Besondere Aufmerksamkeit schenkte Otto Steinert den technischen Aspekten der Fotografie: Er setzte sich intensiv mit der Funktionsweise einer Kamera auseinander und konstruierte schließlich sein eigenes Modell. Trotz seiner persönlichen Präferenzen für die Fotografie begann Steinert zunächst ein Studium der Medizin in München, das ihn 1935 nach Marburg und ein Jahr später nach Rostock führte. Noch als Student wurde Otto Steinert 1936 Mitglied der NSDAP. Während des Zweiten Weltkriegs diente er als Stabsarzt und war beteiligt an pharmakologischen Forschungsprojekten; nach dem Krieg wurde er von der britischen Militärregierung entlastet und hätte seine medizinische Karriere fortsetzen können. Weil wichtige Unterlagen in den Wirren der Nachkriegszeit lange auf sich warten ließen, wandte sich Otto Steinert erneut der Fotografie zu.
Lehrer und Wegbereiter der avantgardistischen Fotografie
Otto Steinert arbeitete zeitweise in einer Foto- und Kinohandlung, in deren Labor er seine ersten Fotogramme und Fotomontagen erstellen konnte. Er erwirkte für sich die Erlaubnis zur Gründung einer Werkstatt für Kunstfotografie und schwor der Medizin gänzlich ab zugunsten einer Karriere als Kunstfotograf. Im Rahmen dieser Bemühungen kam er mit dem Leiter der heutigen Hochschule der Bildenden Künste Saar in Kontakt und wurde von diesem als Lehrer für die neugegründete Fotoklasse eingestellt. 1949 gründete Steinert mit gleichgesinnten Künstlern wie Wolfgang Reisewitz und Toni Schneiders die avantgardistische Arbeitsgruppe fotoform, der sich später noch Heinz Hajek-Halke, Siegfried Lautwasser und Christer Strömholm anschlossen. 1952 stieg er zum Direktor seiner Schule auf. Steinert widmete sich intensiv der Fotomontage, zeigte dabei eine gewisse Nähe zu den Arbeiten von Edmund Kesting und begeisterte sich für die experimentelle Porträtfotografie.
Akribischer Arbeiter, einflussreicher Lehrer und gefeierter Künstler
Otto Steinert organisierte mehrere Ausstellungen unter dem Leitbegriff Subjektive Fotografie, deren berühmtestes Exponat bis heute das Bild Ein-Fuß-Gänger aus dem Jahr 1950 ist. Charakteristisch für diese Arbeiten ist die akribische Abstimmung von Weiß, Schwarz und Grau, für die der Künstler oft mehrere Stunden aufwandte. 1959 wechselte Steinert an die Essener Folkwangschule, wo er bis zu seinem Tod blieb und als einflussreicher Lehrer Generationen bedeutender Fotografen prägte, so Kilian Breier, Arno Jansen, Guido Mangold, Dirk Reinartz und Ute Eskildsen. Für seine Kunst erhielt Otto Steinert Preise und Auszeichnungen, darunter 1962 den Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie und 1965 die David-Octavius-Medaille der Gesellschaft für Lichtbildner. Lichtbildner war auch die Bezeichnung, die Steiner selbst für seine Tätigkeit wählte – als Künstler begriff er sich zeitlebens nicht.
Otto Steinert starb am 3. März 1978 in Essen.
Otto Steinert - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: