Jürgen Teller findet Schönheit im Unperfekten, fotografiert seine Modelle am liebsten ganz natürlich, ohne Make-up und Retusche. Auf den Bildern des deutschen Fotografen verschmelzen gewollte Inszenierung und spontane Improvisation zu authentischen Porträts ohne glamourösen Schein
(...) WeiterlesenJürgen Teller – Durchbruch mit ikonischen Cobain-Porträts
Jürgen Teller, geboren 1964 in Erlangen, entstammt einer Geigenbauerfamilie und verbrachte seine Kindheit in Bubenreuth bei Erlangen. Gemäß der Familientradition begann er nach der Schule eine Lehre als Bogenmacher, die er aber aufgrund einer Stauballergie vorzeitig abbrechen musste. Das wachsende Interesse an der Fotografie führte ihn 1984 nach München an die Fachakademie für Fotodesign. 1986 verließ Jürgen Teller München und Deutschland und zog nach London, um sich der Wehrpflicht zu entziehen. Die Bekanntschaft mit dem britischen Mode- und Dokumentarfotografen Nick Knight brachte Teller erste Aufträge ein: Für Plattencover fotografierte er Musiker wie Sinéad O'Connor, Cocteau Twins und Morrissey. Ende der 1980er Jahre versuchte sich Jürgen Teller auch als Modefotograf und arbeitete für Magazine wie The Face, Arena und i-D. 1991 begleitete er die US-Band Nirvana auf ihrer Nevermind-Tour und fand rasch einen persönlichen Draht zu dem Sänger Kurt Cobain, den er mehrfach porträtierte. Die Bilder gelten heute als ikonisch und trugen entscheidend zu Jürgen Tellers internationalem Ruhm bei.
Umstrittener Verzicht auf Glanz und Glamour
Jürgen Teller war von Anfang an darum bemüht, neue fotografische Ansätze zu finden und die geltenden Geschmackskonventionen herauszufordern. 1996 entstanden für das SZ-Magazin unter dem Titel Versace-Heart eine Reihe Aktaufnahmen des Models Kristen McMenamy, die ungeschönt offenlegten, welchen Torturen der Körper eines Mannequins während der Modepräsentation ausgesetzt ist. Dabei ging es dem Künstler nicht um das bewusste Brechen von Tabus; bis heute wird Jürgen Teller nur von dem Wunsch angetrieben, gute Fotos zu machen. Tellers Bilder sind trotz aller Natürlichkeit inszeniert und durchdacht, die ironischen Brechungen allgegenwärtiger Klischees bewusst arrangiert und gewollt, wobei der Fotograf seinen Modellen auch Spielraum für eigene Akzente lässt. Seine ganz und gar glamourfreien Porträts von Berühmtheiten polarisieren und rufen auch heftigen Gegenwind bis hin zu Boykottaufrufen hervor. Beeindrucken lässt sich Teller davon nicht – und auf Rechtfertigungen gegenüber seinen lautstarken Kritikern hat der Künstler schon gar keine Lust, er sei schließlich, so Jürgen Tellers eigene Worte, kein Idiot.
Teller schätzt den Komfort digitaler Technik
Jürgen Teller lehnt es ab, seine Bilder auf Instagram zu präsentieren und bespielt ganz grundsätzlich die sozialen Medien nicht. Der digitalen Technik aber ist er keinesfalls abgeneigt: Seit 2011 fotografiert er nur noch digital, inzwischen häufig mit dem iPhone. Der Umstieg von analoger zu digitaler Technik erfolgte während der Arbeit für ein Kochbuch: Weil Teller immer wieder Bilder neu aufnehmen musste, bis die Sauce am passenden Ort und das Essen richtig getroffen war, besorgte er sich kurzerhand eine Digitalkamera und blieb den Vorzügen dieser Technologie seither treu. Auch das missfällt seinen Kritikern: Im Internet kursierte eine Petition, die Tellers Rückkehr zum analogen Film forderte, aber während einer achtmonatlichen Laufzeit fanden sich gerade einmal 39 Unterzeichner. Weitaus zahlreicher sind hingegen die Prominenten, die begeistert für Teller Modell stehen: Kylie Minogue, Linda Evangelista, Boris Becker, Claudia Schiffer, Courtney Love und viele andere. Für seine Kunst erhielt Jürgen Teller Preise und Auszeichnungen, darunter den Citibank Photography Prize im Jahr 2003. Seit 2014 hält er eine Professur an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg inne.
Jürgen Teller lebt und arbeitet in London.
Jürgen Teller - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: