Louis Tuaillon

Louis Tuaillon - Schüler von Reinhold Begas, Rudolf Weyr und Hans von Marée

Louis Tuaillon wurde am 7. September 1862 in Berlin geboren. Von 1879 bis 1881 besuchte er die Hochschule für Bildende Künste in Berlin, im Anschluss arbeitete er von 1882 bis 1883 im Atelier des Bildhauers Reinhold Begas, der das große Talent von Tuaillon erkannte und den jungen Künstler zu seinem Meisterschüler machte. Der Wissensdurst des begabten Bildhauers war damit längst nicht gestillt; zwei weitere Jahre verbrachte er in Wien bei Rudolf Weyr, dem berühmten österreichischen Vertreter des Neobarock. Im Jahr 1885 zog es Louis Tuaillon nach Italien, wo er einige Jahre lang in der künstlerisch ungemein anregenden Atmosphäre Roms lebte und dem Schülerkreis um Hans von Marée angehörte. Dort schuf er auch den ersten Entwurf jenes Werkes, das ihm den internationalen Durchbruch bringen sollte: Die Amazone zu Pferde. In den 1890er-Jahren verlegte Louis Tuaillon seinen Lebens- und Schaffensschwerpunkt wieder nach Deutschland, beteiligte sich an mehreren Ausstellungen und erwarb sich mit seiner künstlerischen Arbeit zunehmend Anerkennung.

Die Amazone zu Pferde ist der größte Triumph von Louis Tuaillon

Nicht der deutsche Kaiser, sondern eine antike Heroine gilt als das Hauptwerk von Louis Tuaillon: 1895 präsentierte er auf der Großen Berliner Kunstaustellung das Werk, das zu einem gewaltigen Überraschungserfolg wurde und den Künstler über Nacht berühmt machte. Die in Rom entstandene lebensgroße Bronzeplastik zeigt eine junge Frau hoch zu Ross, eine Streitaxt in der rechten Hand haltend. Der Erfolg des Bildnisses war unfassbar; die Nationalgalerie erwarb das Original und stellte es auf, zahlreiche Kopien in verkleinertem Maßstab gelangten in Umlauf. 1905 ließ sich Kaiser Wilhelm II. einen überlebensgroßen Abguss anfertigen und im Großen Tiergarten aufstellen. Eine deutlich kleinere Kopie erhielt das Kaiserpaar in seinem niederländischen Exil als Geschenk für den Garten im Haus Doorn übersandt. Dort kann es heute noch bewundert werden.

Erster Staatskünstler und Wegbereiter der Moderne

Für Louis Tuaillon bedeutete der große Erfolg seiner Amazone zu Pferde den Beginn eines neuen Lebens in Glanz und Wohlstand. Er galt als erster Staatskünstler, erhielt prestigeträchtige Aufträge in großer Zahl, fast immer ging es dabei um die Schaffung von Reiterstandbildern. Für die Erfüllung der in ihn gesetzten Erwartungen erhielt Louis Tuaillon Preise und Auszeichnungen. Im Jahr 1902 trat er der Berliner Sezession bei, 1903 gehörte er zu den Mitgliedern des Deutschen Künstlerbundes und wurde sogleich in dessen Vorstand gewählt. 1906 erreichte ihn die Berufung zum Professor an der Berliner Kunstakademie. Ein besonderer Glanzpunkt stellte der Auftrag für das Reiterdenkmal von Kaiser Wilhelm I. dar. Die Ausführung gestaltete sich unerwartet schwierig, weil der Erste Weltkrieg den Nachschub an Metallen erschwerte. In Zeiten der Weimarer Republik wiederum hatte man kein Interesse an der Errichtung eines Kaiserdenkmals. Erst 1934 wurde es schließlich in Lübeck aufgestellt – da war sein Schöpfer schon längst nicht mehr am Leben.

Louis Tuaillon starb am 21. Februar 1919 in Berlin. Er wurde nur 56 Jahre alt.