Marianne von Werefkin gilt als Wegbereiterin des Expressionismus und eine der schillerndsten Frauengestalten der Kunstgeschichte. Obwohl sie sich selbst vor allem als Mäzenin und Vermittlerin sah, schuf sie ein beachtliches Œuvre, das auf Kunstauktionen zu den vielbegehrten Posten zählt.
(...) WeiterlesenMarianne von Werefkin - Erste Erfolge mit dem russischen Realismus
Marianne von Werefkin wurde am 30. August 1860 als Marianna Wladimirowna Werjowkina in Tula in Russland geboren. Ihre Familie gehörte dem russischen Adel an und stand dem Zarenhof nahe; der Vater war General und hatte es zum Kommandeur der Peter-und-Pauls-Festung gebracht. In ihrer Mutter, die selbst malte und einst Unterricht bei dem Ikonenmaler Carl Timoleon von Neff erhalten hatte, fand sie für ihren Wunsch, Künstlerin zu werden, eine engagierte Verbündete. Werefkin erhielt privaten Zeichenunterricht, ein eigenes Atelier und wurde schließlich Schülerin des anerkannten Historienmalers Ilja Repin, der sie mit dem russischen Realismus vertraut machte. Nicht näher bekannte Umstände im Zusammenhang mit einer unglücklichen Liebesbeziehung zu einem jungen Arzt führten zu einer Schussverletzung, die durch den Verlust des Mittelfingers den Gebrauch ihrer rechten Hand stark beeinträchtigte. Nur unter Aufbietung großer Willenskraft und nach geduldigem Training war es Marianne von Werefkin möglich, mit ihrer wichtigen Rechten wieder Pinsel und Zeichenstift zu führen. Das tat sie mit so großem Geschick, dass man sie als »russischen Rembrandt« pries. Nur wenige Werke aus dieser wichtigen Frühphase der Künstlerin sind heute erhalten.
Schicksalshafte Verbindung mit Alexej Jawlensky
Marianne von Werefkin verliebte sich 1982 in den fünf Jahre jüngeren Maler Alexej Jawlensky, den sie selbst fördern und ausbilden wollte. Obwohl Jawlensky einem angesehenen russischen Offizierskorps entstammte, wurde die Verbindung als nicht standesgemäß angesehen. Das Paar floh deshalb ins Ausland, übersiedelte nach München, wo Werefkin das Malen zeitweilig aufgab, um sich ganz der Karriere ihres Lebensgefährten Jawlensky zu widmen. Ihr Salon in der Münchener Giselastraße wurde zu einem vielbesuchten Künstlertreff und zur Keimzelle der Neuen Künstlervereinigung München. Auf einer Reise nach Frankreich kam Marianne von Werefkin mit dem Werk Vincent van Goghs und der Fauvisten in Berührung, das sie stark beeinflusste und schließlich dazu führte, dass sie das Malen wieder aufnahm. Ihre expressionistischen Bilder waren stark beeinflusst von französischen Künstlern wie Paul Gauguin, Henri de Toulouse-Lautrec und den Nabis, was ihr den Spitznamen »Die Französin« einbrachte. Neben ihrer formalen Nähe zur französischen Malerei war es inhaltlich vor allem Edvard Munch, der ihre Motivwahl anregte. Auch der Umgang mit Wassily Kandinsky und Gabriele Münter erwies sich als fruchtbar und brachte glückliche Jahre für Marianne von Werefkin.
Eine hochbegabte Vermittlerin und Mäzenin
Marianne von Werefkin sah die Rolle der Frau als Vermittlerin, weshalb sie sich vor allem als Mäzenin und Lehrerin betätigte und sich als Malerin im Hintergrund hielt. Auch nachdem es unter ihren Freunden und Kollegen zum Zerwürfnis und der Abspaltung des »Blauen Reiters« gekommen war, ergriff sie für keine Seite Partei, sondern blieb ausgleichend in der Mitte stehen. Die Wirren des Ersten Weltkriegs vertrieben Marianne von Werefkin schließlich nicht nur aus ihrer Heimat und ihren gesicherten Verhältnissen, sie verhinderten zunächst auch eine Trennung von Jawlensky, der längst mit seiner minderjährigen Geliebten Helene Nesnakomoff einen Sohn und ein eigenes Leben hatte. Erst 1921 kam es zur Lösung des verhängnisvollen Bandes. In ihrem Spätwerk näherte sich Werefkin wieder stärker der russischen Malerei an, was sich vor allem in der Farbgebung äußerte. Den Schritt zur Abstraktion ging sie nie, immer standen die Farben unter der Form. Die letzten Jahre ihres Lebens verbrachte die Künstlerin, die von ihren Künstlerkollegen einst respektvoll »die Baronin« genannt wurde, in ärmlichen Verhältnissen, malte Postkarten und Plakate, schrieb Artikel für Zeitungen und galt als skurrile Figur, die man kaum ernst zu nehmen brauchte. Erst Jahre nach ihrem Tod wurde die Künstlerin angemessen gewürdigt.
Marianne von Werefkin starb am 6. Februar 1938 in Ascona.
Marianne von Werefkin - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: