Stanislaw Ignacy Witkiewicz gilt heute als einer der bedeutendsten polnischen Schriftsteller der Moderne und wird in einem Atemzug mit Witold Gombrowicz und Bruno Schulz genannt. Zu Lebzeiten war er aber vor allem für seine intime Porträtkunst bekannt, die er als Maler und Fotograf ausübte.
(...) WeiterlesenStanislaw Ignacy Witkiewicz war von Kunst umgeben
Stanislaw Ignacy Witkiewicz wurde am 24. Februar 1885 in Warschau geboren. Damit galt er formal als Untertan des russischen Zaren, verbrachte seine Kindheit jedoch in Zakopane, das unter österreichischem Einfluss stand. Sein Vater war der Maler, Schriftsteller und Kunsttheoretiker Stanisław Witkiewicz (1851–1915), seine Patentante die berühmte Schauspielerin Helena Modrzejewska (1840–1909). Auch die Mutter Maria Pietrzkiewicz Witkiewiczowa musizierte, so dass Stanislaw Ignacy Witkiewicz in einem von Kunst geprägten Umfeld aufwuchs und früh mit der Strömung Junges Polen (polnisch Młoda Polska) in Berührung kam. Eine ordentliche Schule besuchte er zunächst nicht; um eine möglichst freie und unabhängige Ausbildung sicherzustellen, übernahm sein Vater selbst den Unterricht. Der künstlerisch vielseitig begabte Stanislaw Ignacy Witkiewicz begann aber schließlich auf eigene Faust und gegen den Willen des Vaters ein Studium an der Kunstakademie in Krakau bei den polnischen Malern Józef Mehoffer (1869–1946) und Jan Stanisławski (1860–1907).
Die Porträtkunst sicherte den Lebensunterhalt
Stanislaw Ignacy Witkiewicz war nicht nur Maler, sondern auch Schriftsteller und Fotograf. Nach einer Australienreise mit seinem Freund, dem Sozialanthropologen Bronisław Malinowski (1884–1942), leistete er in Sankt Petersburg seinen Militärdienst, wurde Zeuge der Russischen Revolution in Petograd und kehrte nach Polen zurück, wo er sich unter dem Künstlernamen Witkacy ganz der Kunst zuwandte. Während seine literarischen Bemühungen bei seinen Zeitgenossen wenig Anklang fanden, konnte sich Stanislaw Ignacy Witkiewicz rasch als Porträtkünstler etablieren und auf diese Weise seinen Lebensunterhalt verdienen. 1924 gründete er die Firma S.I. Witkiewicz mit ihm selbst als Geschäftsführer und einzigem Angestellten und setzte ein 17 Paragrafen umfassendes Vertragswerk auf, das seine Kunden verpflichtete, pünktlich zu jeder Modellsitzung zu erscheinen und auf jedwede Kritik an seinen Bildern zu verzichten, außerdem durfte die Arbeit auch bei Missfallen nicht zerstört werden. Gelegentlich malte er neben den Porträts auch Gemälde zu anderen Themen, zum Beispiel eine Interpretation der Versuchung des heiligen Antonius.
Kreative Experimente mit Betäubungsmitteln
Stanislaw Ignacy Witkiewicz half seiner künstlerischen Inspiration gern durch die Einnahme verschiedener Drogen und Stimulanzien nach, die er penibel neben seiner Signatur auf dem daraus hervorgehenden Werk vermerkte. Inwieweit er abhängig von derartigen Stoffen war, ist in der Forschung umstritten. Seinen Kunden bot er zu einem bestimmten Tarif Bilder mit der Unterstützung durch Betäubungsmittel an, wobei es sich dabei auch einmal nur um eine Tasse Kaffee handelte. Auch variierte er seine Signatur, so dass auch Bilder mit der Zeichnung Witkac, Witkatze, Witkacjusz, Vitkacius und Vitecasse authentisch sind. Der Überfall auf Polen durch das nationalsozialistische Deutschland trieb Stanislaw Ignacy Witkiewicz zur freiwilligen Meldung zum Militärdienst, doch lehnte man ihn aus Alters- und Gesundheitsgründen ab. Als er auf der Flucht vor den deutschen Truppen von der sowjetischen Invasion in Polen erfuhr, nahm der freiheitsliebende Künstler eine Überdosis Schlaftabletten und schnitt sich die Pulsadern auf. Auch ein Teil seines Werkes ging im Zweiten Weltkrieg verloren.
Stanislaw Ignacy Witkiewicz starb am 18. September 1939 in Jeziory, Polen.
Stanislaw Ignacy Witkiewicz - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: