Günther Uecker - Verletztes Feld. Poesie der Destruktion - image-1

Lot 772 Rα

Günther Uecker - Verletztes Feld. Poesie der Destruktion

Auktion 1005 - Übersicht Köln
01.12.2012, 11:00 - Zeitgenössische Kunst
Schätzpreis: 50.000 € - 60.000 €
Ergebnis: 54.900 € (inkl. Aufgeld)

Nagelung und Latexfarbe auf Leinwand auf Holz 40 x 40 x 8 cm. Rückseitig auf dem Holz signiert, datiert und betitelt 'Verletztes Feld Poesie der Destruktion Uecker 1982' sowie mit Richtungspfeil und -angaben versehen. - Mit Atelierspuren.

Der Nagel ist Ueckers Medium und fügt sich völlig den Intentionen des Künstlers. Dieser schafft es, dem starren Nutzgegenstand die verschiedensten Expressionen zu entlocken: Die Nägel können zu Feldern werden, die sanft im Wind zu wehen scheinen und ihre metallische Beschaffenheit völlig vergessen lassen. Sie können Orte der Besinnlichkeit und Ruhe schaffen, wie im Andachtsraum des Reichstagsgebäudes in Berlin. Oftmals schöpft Uecker aber auch aus dem zerstörerischen Potential des Nagels, wie bei 'Verletztes Feld. Poesie der Destruktion'. Alleine der Titel zeigt bereits die Ambivalenz an, die dieses Werk kennzeichnet, schließlich sind hier solch gegensätzliche Positionen wie Gewalt und Poesie miteinander verbunden:

'Verletztes Feld'. Unzählige Nägel hat Günther Uecker in die mit Leinwand bespannte Holzplatte geschlagen, dicht an dicht überlagern sie sich und formen so ein undurchdringliches Nagelfeld. Teilweise wurden die Nägel sogar mit solcher Wucht ins Holz getrieben, dass sie auf der Rückseite wieder hervortreten. Die Leinwand, die über den hölzernen Bildträger gespannt ist, wurde an einigen Stellen aufgeschnitten, so dass das darunter sichtbare Holz wie nackt und bloßgelegt erscheint. Teils hat der Künstler die Oberfläche noch stärker geöffnet, indem er mit einem Beil tiefe Kerben in das Holz geschlagen hat. Ganz zum Schluss bearbeitete er vornehmlich die Nagelköpfe mit seinen Händen, die er in weiße Farbe getaucht hatte. Es scheint fast, als hätte der Künstler durch dieses 'Handauflegen' die Aggressivität seiner Handlung abmildern wollen.

'Poesie der Destruktion'. Das Faszinierende ist die auratische Wirkung der Arbeit, die gerade in Ueckers radikaler Vorgehensweise begründet ist. Es ist augenfällig, dass den Künstler die Dualität von Zerstörung und Verletzlichkeit beschäftigt und es ihm gelingt, dies ästhetisch umzusetzen. Dieter Honisch betont zudem den sehr persönlichen Charakter der 'Verletzten Felder', die immer wieder in Ueckers Œuvre auftauchen: „Er [Uecker] legt fast psychoanalytisch die Motive seiner Arbeit klar: Liebeszuwendung, Zerstörung und Besänftigung und setzt damit die ganz heterogenen Kräfte frei, die einen Schaffensprozeß beeinflussen. Eigentlich hat noch nie ein Künstler seine eigenen Intentionen und Gefühle bei der Herstellung von optischen Verbindlichkeiten so eindeutig und schonungslos aufgedeckt. Eine Didaktik im höheren Sinne. Denn Uecker zeigt nicht die Entstehungsphasen [...] seiner Werke, sondern vielmehr die psychologischen, sich widersprechenden und das Werk auch gefährdenden Empfindungen, die ein Künstler in sich auszutragen hat, um ein zuletzt eindeutiges Werk herzustellen.“ (Dieter Honisch, Uecker, Stuttgart 1983, S.156).

Zertifikat

Mit beiliegendem Photozertifikat des Künstlers.

Provenienz

Galerie Ehrensperger, Zürich; Privatsammlung, Schweiz