Lot 620 D

„Das Geheimnis der Liebe ist größer als das Geheimnis des Todes“, hält Salome dem Angesicht des enthaupteten Johannes entgegen. (Oskar Wilde, Salome, Reclam-Ausgabe 1990, S.53). Eine zutiefst hingebende Aussage, die einen Grundgedanken des Bildhauers trifft: die Darstellung seiner Paare in wechselndem Ausdruck zwischen Eros und Thanatos - wie hier? Eng aneinander, mehr ineinander geschmiegt, knien die beiden Figuren zum Ende einer großen Fläche. Diese Fläche kann man verschiedentlich deuten: Als offener Lebensweg, freie Lebensfläche, die vor dem Paar liegt, oder als Fläche, auf die das Paar in tiefer Andacht zurückblickt? Es ist ein Einanderfesthalten zweier Figuren, ein Zusammenziehen und Verschleifen zweier Körper eines engumschlungenen Liebespaares. Vielleicht lässt sich hierin auch eine Reminiszenz an August Rodins Beschäftigung mit dem Liebespaar Paola und Francesca entdecken, die der Franzose Szenen aus Dante Alighieris Werk „Göttliche Komödie“ entlehnt und Figuren wie Francesca da Rimini und Paolo Malatesta in unterschiedlichen Begegnungen sich inniglich umarmen und küssen lässt.