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Lot 525 D

Günther Uecker - Abgesunkenes Quadrat

Auktion 1042 - Übersicht Köln
29.11.2014, 12:00 - Zeitgenössische Kunst
Schätzpreis: 180.000 € - 240.000 €
Ergebnis: 248.000 € (inkl. Aufgeld)

Günther Uecker

Abgesunkenes Quadrat
1976

Installation: Nägel auf Leinwand auf Holz und geborstetes Holzelement. Installationsmaß ca. 300 x 192 x 110 cm. - Mit Atelier- und geringfügigen Altersspuren.

„Der Nagel ist für Uecker […] die Konzentration der Welt in einem einzigen Punkt. Ueckers Nagel ist Werkzeug und Waffe. Und er ist ein Denkanlaß. Ein Anstoß, festgefahrene Denk- und Sehgewohnheiten zu verändern.“ (Wieland Schmied, Uecker, St.Gallen, 1972, S.31)
Der erstmalige Gebrauch des Nagels Mitte der 1950er Jahre markiert eine Zäsur im Oeuvre Ueckers - die Abkehr vom gemalten Tafelbild - und positioniert den Künstler fest im Gefüge der internationalen Avantgarde der 1950/1960er Jahre. Die Zugehörigkeit zur ZERO-Gruppe ab 1961 und sowohl der persönliche Kontakt als auch die künstlerische Auseinandersetzung mit revolutionären Künstlern wie Yves Klein und Lucio Fontana geben Uecker wichtige Impulse für die Entwicklung seiner charakteristischen Bildsprache. Eine besondere Geistesverwandtschaft besteht zwischen den Nagelungen Ueckers und den aufgeschlitzten und perforierten Leinwänden Fontanas: Beide Künstler stellen mit der „Verletzung“ und der räumlichen Erweiterung des traditionellen Bildträgers gängige Konventionen der Malerei erfolgreich in Frage und finden zugleich formale und konzeptionelle Lösungen für den Aufbruch in ein neues künstlerisches Zeitalter. Ueckers besonderes Verdienst ist es dabei, die klassische Abgrenzung von Bild und Objekt noch radikaler zu verschleifen als es Fontana getan hatte. Diese Symbiose der Gattungen, die auch in der vorliegenden Arbeit „Abgesunkenes Quadrat“ augenfällig wird, manifestiert sich frühzeitig in Ueckers berühmtem Schlüsselwerk „Das gelbe Bild“ (1957/58). Hier hat der Künstler die Kanten der monochrom bemalten Leinwand in regelmäßigen Abständen benagelt, so dass die Körperhaftigkeit des Bildträgers von dem umlaufenden Nagelkranz hervorgehoben und zum eigenständigen Werkthema wird. An Hand des 20 Jahre später entstandenen „Abgesunkenen Quadrats“ lässt sich anschaulich die anhaltende Beschäftigung mit diesem Konzept nachvollziehen. Uecker betont hier dezidiert die Dreidimensionalität der imposanten Installation, greift das klassische quadratische Tafelbild auf und verweist gleichzeitig auf dessen Obsolenz: Wo einmal der Bildträger war, ist nun leere Fläche auf dem Wandelement; der Bildträger selbst ist abgesunken und liegt in Splittern am Boden. Die Nägel haben sich vom Bildträger emanzipiert und zeichnen dessen Umrisse auf dem Wandstück nach. Die Installation mutet so wie ein reflexiver Kommentar des Künstlers zur eigenen Werkentwicklung an. Die besondere Bedeutung der Arbeit spiegelt sich in ihrer umfassenden Ausstellungs- und Publikationsgeschichte: U.a. findet sich die Arbeit im Braunschweiger Ausstellungskatalog von 1979, in der Uecker-Monographie Bernhard Holeczeks und Richard W. Gassens (1987) und als Bildbeitrag zu einem Interview, das Heinz-Herbert Jocks 1992 für das Kunstforum mit Uecker führte.

Werkverzeichnis

Honisch 936, S.146 mit Abb.

Provenienz

Galerie Denise René / Hans Mayer, Düsseldorf (mit rückseitigem Aufkleber)

Literaturhinweise

Heinz-Norbert Jocks, Günther Uecker, Kann Fruchtbarkeit auf Asche gründen?, in: Kunstforum, Parallele Kunst, Bd.117, 1992, S.307 mit Farbabb.
Bernhard Holeczek, Richard W. Gassen, Uecker, Heidelberg 1987, S.122 mit Abb.

Ausstellung

Braunschweig 1979 (Kunstverein), Günther Uecker, Bilder und Zeichnungen, Ausst.Kat.Nr.56 mit Abb. S.69