Jean Léon Fautrier - Buste de Femme - image-1

Lot 272 D

Jean Léon Fautrier - Buste de Femme

Auktion 1090 - Übersicht Köln
31.05.2017, 18:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 50.000 € - 60.000 €
Ergebnis: 74.400 € (inkl. Aufgeld)

Jean Léon Fautrier

Buste de Femme
1929

Öl auf Leinwand 61 x 50 cm Gerahmt. Oben links schwarz signiert 'Fautrier'. Verso auf der Leinwand zweifach bezeichnet "Deodat" (einmal gestempelt). - Partiell mit Craquelé und wenigen, zum Teil älteren Farbausbrüchen.

Wie die Werke seiner Zeitgenossen Alberto Giacometti oder Jean Dubuffet wollen Jean Fautriers Arbeiten das Unfassbare fassen, sie wollen abbilden, wo das Ende von Figur und Raum längst gekommen schien. Beinahe wie ein Abbild Gaias malt der Künstler seine Frauengestalten in strenger, monumentaler Frontalität, als sollten sie die Idole einer archaischen Kultur beschwören. Als kraftvolle und dennoch verwundbare Erscheinungen - offenbar dem Wasser entsteigend - materialisiert sich die Figur in der vorliegenden Arbeit in einem indefiniten Bildraum. Die rohe Materialität der Farbe, die in Fautriers „Otages“ der 1940er Jahre noch präsenter werden sollte, steht dabei in spannungsreichem Kontrast zu den zeichnerischen Qualitäten der reduziert formulierten Darstellung.
Der Akt, so Sigfried Gohr, sei für Jean Fautrier eine „elementare Situation der Malerei“, genauso wie das Stillleben, die Landschaft oder ein Gesicht. Jenseits des Motivs ginge es dem Künstler um nicht weniger als die Definition von Volumen, Fläche und Raum, wobei es ihm schließlich über die Etablierung eines neuen Realismus gelänge, die reduzierte Perspektivkonstruktion des Kubismus zu überwinden: „Jean Fautrier ist ein Fanatiker der Wandlung und der Verwandlung. Unrast, Negation, Haß, Anklage sind Motive, die sich in der Suche nach malerischen Entsprechungen für die Erfahrungen innerhalb seiner Zeit ausdrücken. Eine Radikalisierung der malerischen Mittel der ersten Generation der Moderne und eine eigenständige Rezeption der Kunst Cezannes findet statt. Fautriers Themen sind alltäglich und doch explosiv. Er beläßt keinen Gegenstand im vertrauten Lebensraum. […] Er erhebt die einzige Form des Realismus zur Malerei, die eine Tendenz zur Wahrheit hat: den Realismus der eigenen Empfindung.“ (Sigfried Gohr, Das Glas von Chardin, weitergegeben an Fautrier. In: Jean Fautrier. Gemälde, Skulpturen und Handzeichnungen, Ausst. Kat., Köln 1980, S. 42 f.).

Zertifikat

Wir danken Castor Seibel, Paris, Comité Fautrier, für freundliche ergänzende Hinweise und Auskunft.

Provenienz

Ehemals Paul Guillaume, Paris; Galerie Jeanne Castel, Paris (mit Galeriestempeln auf der Leinwandrückseite); Galerie Limmer, Freiburg; Privatsammlung Süddeutschland

Literaturhinweise

Pierre Cabanne, Jean Fautrier, Paris 1995, S. 23 mit Farbabb.

Ausstellung

Amsterdam/Zürich 1986 (Stedelijk Museum/Kunsthaus), Jean Fautrier 1925-1935, Kat. Nr. 53 mit ganzseitiger Abb.; Freiburg 1986 (Galerie Limmer); Jean Fautrier. Die Erschaffung der Frau, Kat. Nr. 3 mit ganzseitiger Farbabb.