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Lot 204 Dα

Alexej von Jawlensky - Garten am Bauernhaus. Verso: Mädchenbildnis

Auktion 1051 - Übersicht Köln
29.05.2015, 18:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 450.000 € - 500.000 €
Ergebnis: 544.000 € (inkl. Aufgeld)

Alexej von Jawlensky

Garten am Bauernhaus. Verso: Mädchenbildnis
Um 1907 bzw. um 1910

Öl auf Karton, doppelseitig bemalt, die Rückseite als Hochformat 53,5 x 64,5 cm bzw. 64,5 x 53,5 cm Gerahmt. Vorderseitig unten rechts blau signiert 'A. Jawlensky'. - In gepflegtem guten Erhaltungszustand. - Das Mädchenbildnis war vormals, einen 5 cm breiten Randstreifen auslassend, übermalt und wurde vom Vorbesitzer restauratorisch professionell freigelegt; stellenweise mit fachmännischen, vornehmlich gepünktelten Retuschen.

Die frühen, farbintensiven, um 1906/1907 datierenden Landschaften aus Wasserburg am Inn bilden im Oeuvre Jawlenskys eine eigene kleine Werkgruppe. Das vorliegende Gemälde ist vermutlich in oder um Wasserburg entstanden und zeigt einen Weg vor einem umzäunten Bauerngarten, Häuser und Schuppen des Anwesens ducken sich inmitten von üppiger grüner Vegetation mit ihren roten Dächern im Mittelgrund. Zu diesem Zeitpunkt setzt sich der Künstler sehr intensiv mit der jüngsten Malerei Frankreichs auseinander, man spürt förmlich die eigene künstlerische Öffnung hin zu so unterschiedlichen neuen Richtungen wie dem Postimpressionismus und Fauvismus, zu Vincent van Gogh und zu Paul Cézanne. Man erkennt es nun auch im Thema der Landschaft an der spezifischen Auswahl leuchtender Farben, an ihrer Kombination, im lockeren, aber gerichteten rhythmischen Pinselduktus und im konstruktiv-flächigen Bildaufbau. Die visuellen Erfahrungen, die Jawlensky machte, waren spannend und wegweisend, es blieben künstlerische Herausforderungen, denen er sich in kürzester Zeit stellte und grosszügig anverwandelte. Die Aufenthalte des Künstlers in Wasserburg datieren wahrscheinlich ins Frühjahr 1906, vor allem aber sind sie für den Sommer 1907 dokumentiert (vgl. Angelica Jawlensky Bianconi, Alexej von Jawlensky, Momente eines gelebten Lebens,1864 bis 1914, in: Ausst. Kat. Horizont Jawlensky, 1900 - 1914, Alexej von Jawlensky im Spiegel seiner künstlerischen Begegnungen, Wiesbaden 2014, S. 289). Die Wasserburger Gemälde stellen motivisch meist schlichte, unspektakuläre Elemente ländlicher Topographie dar: Felder, Hügelketten und wie hier ländliche Siedlung zwischen Wegen und Baumgruppen. Ähnlich wie bei Pissarro oder Cézanne kommt jedoch jenseits des gewählten Gegenstandes und Naturausschnitts dem formalen Aufbau des Gemäldes, der Bildarchitektur und der Farbverteilung eine neue Bedeutung zu.
Die freigelegte Rückseite mit dem spektakulären Mädchenbildnis ist etwas später entstanden, ein Zeugnis des gereiften, eigenen Stils, der in den Jahren 1911/1912 zu seinem Höhepunkt gelangen sollte. Clemens Weiler fasste die Entwicklung bis dahin treffend zusammen: "Die in ihm glühende farbige Intensität mußte sich eine neue Form schaffen. Und so zügelte er die Farbe durch eine noch strengere Form. 'Verhaltene Glut' hat er im Alter eine seiner Meditationen genannt. Das war sein Anliegen, die glühende Farbe zu bändigen, nicht sie strömen lassen, ihr nicht den freien Lauf gestatten. Das war sein Temperament, vielleicht aber auch die Frucht seiner soldatischen Erziehung und das Erbe adliger Vorfahren." (Clemens Weiler, Alexej Jawlensky, Köln 1959, S. 74). Jawlenskys Malerei wächst ein entschieden abstraktes Element zu und ihm gelingen völlig neuartige Bilder, spontan und direkt im Entwurf. Farbe und Form werden flächig in der berühmten "synthèse" zusammengefasst und nebeneinandergesetzt. Ein starkes Element bildet das eingesetzte Schwarz, oft als bestimmende Kontur, es steigert die Farbeffekte und die von Weiler beschriebene eigentümliche Farb-"Glut". Das vorliegende expressive Mädchenbildnis ist Werken des Jahres 1910 zuzuordnen. Vergleichbar sind stilistisch die bildnerischen Meisterwerke von "Nikita" (Museum Wiesbaden), von "Schokko" - um wenige Beispiele zu nennen -, sowie das Porträt "Mädchen mit schwarzem Haar", das physiognomische Ähnlichkeit mit dem vorliegenden "Mädchenbildnis" aufzuweisen scheint (vgl. M. Jawlensky/ Pieroni-Jawlensky, A. Jawlensky 308, 318, 327). Den stärksten Porträts Jawlenskys ist der pyramidale Aufbau als Halbfigur eigen, den wir auch hier vorfinden. Das rote Kleid mit der grünlichen Kinderschürze bildet eine quasi sockelhafte Fläche, die weit mehr als die Hälfte der Bildfläche ausmacht. Ihr ist der ausdrucksvolle Kopf aufgesetzt, der oben mit der Schleife deutlich angeschnitten ist. Dieser willkürlich anmutende Anschnitt beeinträchtigt das Motiv jedoch kaum, da die strenge Frontalität der Figur und der Blick des Mädchens von solcher künstlerischen Ausdruckskraft sind, dass man als Betrachter völlig eingenommen ist und wohl immer wieder frisch gebannt davor stehen bleiben wird.

Werkverzeichnis

163 A mit Farbabb. S. 152 (Garten am Bauernhaus)

Zertifikat

Wir danken Angelica Jawlensky Bianconi, Alexej von Jawlensky-Archiv Locarno, für freundliche ergänzende Auskünfte.

Provenienz

Privatsammlung Rheinland; seitdem in Familienbesitz