Georg Schrimpf - Stilleben - image-1

Lot 223 Dα

Georg Schrimpf - Stilleben

Auktion 1051 - Übersicht Köln
29.05.2015, 18:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 30.000 € - 40.000 €
Ergebnis: 81.840 € (inkl. Aufgeld)

Georg Schrimpf

Stilleben
1925

Öl auf Leinwand 63,5 x 48,5 cm Gerahmt. Unten links dunkelbraun signiert und datiert 'G. Schrimpf 25.' (schwach lesbar). Rückseitig auf dem Keilrahmen von fremder Hand mit Bleistift bezeichnet "Georg Schrimpf Stilleben mit Kaktus". - Fachmännisch gereinigt; mit vereinzelten punktuellen Retuschen, vorwiegend im Randbereich.

Das Gemälde war dem Werkverzeichnisbearbeiter bisher nur von einem Foto in der ungedruckten Dissertation von Adamiak bekannt. Den Stilleben des Jahres 1924 verwandt, wurde es diesen - durchaus raren - Beispielen zeitlich zugeordnet. Das Arrangement ist den wenigen zuvor entstandenen Bildkompositionen sehr ähnlich (vgl."Kakteenstilleben","Stilleben mit Gummibaum", Präger 1924/9, 1924/10). Die bekannten Grundelemente (exotische Pflanzen in einem Interieur vor einem angeschnittenen Fenster mit Ausblick) werden hier wieder aufgenommen und in einem puristischen Stil neu interpretiert. In dem verschmälerten Hochformat (die bemalte Leinwand wurde rechts umgeschlagen) präsentieren sich die Bildgegenstände in strenger Tektonik und in wenigen - wie ausgekosteten - Farbnuancen, die durch die elegante Verteilung der Beleuchtungskontraste, von Licht und Schatten, zusätzliche Betonung erfahren. Das vorliegende Werk von Georg Schrimpf zählt im Oeuvre zu den "qualitätsvollsten Werken der zwanziger Jahre" (Christmut Präger, Gutachten). Im Stilleben scheint sich naturgemäss das Wesen seiner Kunst zu kristallisieren: die Gegenstände reflektieren eine distanzierte Privatheit und magische Stille wie in den besten seiner Figurenbilder.
Die in den 1920er Jahren modischen Sukkulenten stehen in einem Interieur mit rötlichen Kirschbaummöbeln. Fast unmerklich scheint es feine Anspielungen zu geben, zwischen aktuellen Zeitbezügen und altertümlicher Überlieferung. Eberle hatte einmal formuliert, daß in einer von Gewalt, gesellschaftlichem Umbruch und Chaos bewegten Epoche Schrimpf festhielt, "was ihm des Bewahrens, des Festhaltens wert schien: Momente, Zustände eines gerade noch erreichbaren, gerade noch auffindbaren Glücks, so gefährdet, selten und fragil es auch sein mochte. [...] Argumentiert man mit Freud, dann liegt es außerhalb des Realitätsprinzips. Vergangenheit und Zukunft sind bei Schrimpf in einer ruhigen, absichtslosen Gegenwart aufgehoben. Dadurch erscheinen seine Figuren wie erstarrt, bewegungslos und konstruiert. Sie sind gegen die Zeit gestellt." (Mathias Eberle, Gegenüber Neuer Sachlichkeit und Romantik, op. cit., S. 13).

Werkverzeichnis

Hofmann/Präger 1924/11 o.D. (ohne Maßangaben, dem Jahr 1924 zugewiesen)

Zertifikat

Mit einer Expertise von Christmut Präger, Heidelberg, vom 30. März 2015, das Gemälde wird in der zweiten Auflage des Werkverzeichnisses unter der Nummer "1925/14" erscheinen.

Provenienz

Sammlung Prof. Helmut Becher, Münster, bis 2014 Leihgabe im Westfälischen Landesmuseum in Münster

Literaturhinweise

Josef Adamiak, Georg Schrimpf. Ein Beitrag zum Problem der Neuen Sachlichkeit (Diss. Humboldt-Universität Berlin, unveröffentl. Manuskript), Berlin 1961, S. 71 mit Abb. 109