Ernst Barlach - Die Flamme - image-1

Lot 227 Nα

Ernst Barlach - Die Flamme

Auktion 1051 - Übersicht Köln
29.05.2015, 18:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 35.000 € - 45.000 €

Ernst Barlach

Die Flamme
1934

Bronze 113,2 x 38,6 x 18,8 cm Oben rechts auf der Plinthe signiert 'E.Barlach' und mit der Exemplarnummer, seitlich unten rechts mit dem Gießerstempel "H. NOACK BERLIN" versehen. Exemplar 2/12 der einmaligen posthumen Auflage von 1979, es gab keine Lebzeitgüsse. - Mit goldbrauner Patina.

Ernst Barlach hinterließ einen großen Teil seines Oeuvres in Form fragiler Werkmodelle in Ton und Gips. Obwohl Barlach vor allem als Holzbildhauer berühmt wurde, entstanden die meisten seiner Werke nicht in Holz, sondern in diesen formbaren, aber wenig dauerhaften Materialien. Auch „Die Flamme“ wurde zunächst als rundplastische Gipsfigur (Laur 555) gefertigt, nach der der Künstler die Fassung in Eichenholz schnitzte (Laur 557). Mit den von Alfred Flechtheim initiierten Bronzeauflagen ausgewählter Werke begann in den 1930er Jahren Barlachs intensivere Beschäftigung mit der Umsetzung dieser Werkmodelle in Bronze. Auch wenn die langwierige Arbeit mit dem Holz bei manchen Werken sein bevorzugtes Medium war, sah Barlach oftmals den Bronzeguss als angemessene dauerhafte Umsetzung der weit spontaner gefertigten Ton- oder Gipsmodelle. "Diese Stücke vor allem verlangen nach Bronze, in der die ganze Frische des augenblicklichen Gefühls erhalten bleibt, hier vermag sie allein getreu zu sein, und das Erlebnis der Minuten zu erhalten." (zit. nach: Laur, S. 44). Aus diesem Grund entschieden sich die Nachlassverwalter für den posthumen Guss mehrerer Werkmodelle in kleiner Auflage, zu denen auch „Die Flamme“ gehört.
Das Motiv der "Flamme" setzt Barlach erstmals 1927 in mehreren Kohlezeichnungen um (vgl. Schult Zeichnungen 1889, 1890, 1892). Gestalterisch ist sie im Zusammenhang zu sehen mit den Figuren des „Fries der Lauschenden“ und der „Gemeinschaft der Heiligen“, in deren schlanken, statuarischen Gestalten Anklänge an die romanische Portalplastik sichtbar sind.
„Die gleichermaßen offensiv wie defensiv wirkende Haltung gemahnt an den Habitus eines Boten oder eines Wächters. In der Fremdartigkeit seines Äußeren erscheint der Jüngling wie eine Lichtgestalt aus einer überirdischen Sphäre; in der Präsenz hat sein Auftritt aber auch etwas Diesseitiges. Die Haltung der Hände ähnelt in ihrer Zeichenhaftigkeit den ausdrucksstarken Gebärden von Skulpturen des Mittelalters. […] die Flamme [lässt sich] als Bekenntnis zu einer geistigen Haltung deuten, die sich durch Standhaftigkeit in der Suche nach Wahrheit auszeichnet. Die Gebärde der Figur verweist darauf, dass es ein 'Innen' und ein 'Außen' des Menschen gibt, das nach einem Ausgleich verlangt: Die Anforderungen, die die Außenwelt an den Menschen heranträgt, bedürfen der Überprüfung am eigenen, inneren Maßstab. Umgekehrt muss sich der Wahrheitsanspruch des individuellen Fühlens und Denkens in der Glaubwürdigkeit des praktischen Handelns unter Beweis stellen.“ (Caspers, op.cit., S. 106).

Werkverzeichnis

Laur 556; vgl. Schult 443 u. 444

Literaturhinweise

Anita Beloubek-Hammer, Ernst Barlach. Plastische Meisterwerke, Leipzig 1996, S. 136f.; Eva Caspers, Ernst Barlach Haus Hamburg, München u.a. 2000, S. 106f.

Ausstellung

Frankfurt 1981 (Frankfurter Kunstkabinett Hanna Bekker vom Rath), Ernst Barlach. 51 Bronzen, mit Abb. S. 48; Hamburg 1983 (Bank für Gemeinwirtschaft und Ernst Barlach Gesellschaft), Barlach. Unbekannte Bronzen, mit Farbabb. S. 26; Hamburg 2003 (Ernst Barlach Gesellschaft, Hauptkirche St. Katharinen), Ernst Barlach. Mystiker der Moderne, S. 268; Istanbul/Ankara u.a. 2006/07 (Goethe-Institut), Wanderausstellung Ernst Barlach. Bildhauer der Moderne, mit Farbabb. S. 168