Lot 565 R

Bei seinen Bronzeplastiken verwendet Anselm Reyle teils Fundstücke, die er in vergrößerter Form in Bronze gießen lässt, teils entstehen sie, wie im vorliegenden Fall, aus Atelierabfall: „Reyle forderte seine Assistenten auf, weggeworfene Gegenstände wie Schrauben, Drahtgeflecht und anderen Atelierabfall in einen großen Klumpen Ton zu stecken. Dieser amorphe Klumpen wurde anschließend in Bronze gegossen. Nachdem er mit einer Schicht Spiegelemail und durchsichtigem Lack versehen wurde, wird Patina verwendet, um Details hervorzuheben und den glänzenden Korpus auszubalancieren. Auf einem hohen Skulptursockel, versehen mit einem glatten Makassarfurnier, ist das Objekt nach all diesem Aufwand in eine hochreflektierende Assemblage verwandelt.“ (David Ebony, in: Dirk Luckow (Hg.), Anselm Reyle, Mystic Silver, Ausst.Kat. Deichtorhallen Hamburg 2012, S.33).
Der besondere Reiz dieser Arbeiten liegt in der sichtbaren und unsichtbaren Ambivalenz von wertvollen Materialien und scheinbar minderwertigem äußeren Schein. Das hochwertige Werkmaterial Bronze wird durch die aufgebrachten Lackierungen unsichtbar und erhält das industriell-künstliche Aussehen von Fiberglas. Zu diesem steht wiederum das Makassarholz, eine Ebenholzart, in sichtbarem Kontrast. Nur ein Betrachter, dem die Details des Herstellungsprozesses bekannt sind, kann die paradoxe Verwendung der Materialien durchdringen, mit der Anselm Reyle traditionelle Bildhauertechniken ad absurdum führt.