Max Ernst - La mer - image-1

Lot 323 D

Max Ernst - La mer

Auktion 1059 - Übersicht Köln
27.11.2015, 18:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 60.000 € - 70.000 €
Ergebnis: 68.200 € (inkl. Aufgeld)

Max Ernst

La mer
1925

Hinterglasbild 48,5 x 44 cm Gerahmt. Unten links eingeritzt signiert 'max ernst' sowie unten rechts betitelt 'LA MER'. - Fachmännisch restauriert, mit mehreren, durch Wachs gefestigten Partien, diese etwas heller ausfallend. Keine Retuschen. Mit einer winzigen Farbabsplitterung am linken oberen Rand.

"Gegen 1919, als die Phantasie danach strebte, die furchtbaren durch den Krieg noch gestärkten Ungeheuer zu beherrschen und zu unterjochen, beschloss Max Ernst die alte Ratio - die Ursache von soviel Unordnung und Unheil - zu begraben, nicht unter ihrem eigenen Schutt, sondern unter der freien Darstellung einer befreiten Welt. [...] Es ist von dem Menschen zu seinen Visionen - durch die Vorstellungen - kein weiter Weg, und nicht weit ist es von der Natur der realen Dinge zu der Natur der vorgestellten." (Paul Eluard: Über die Malerei hinaus; entnommen aus: A l'intérieur de la vue, Paris 1948, in: Ausst. Kat. Max Ernst Gemälde und Graphik 1920 - 1950, Schloss Augustusburg, Brühl 1951, S. 69)
1924 erscheint in Paris das "Surrealistische Manifest" André Bretons. Max Ernst mietet sich damals auf dem Montmartre sein erstes eigenes Atelier, wo er endlich ungestört arbeiten kann. Den Sommer des Jahres 1925 verbringt er in der Bretagne. Dort erfindet er nicht nur, angeregt durch die Maserung des hölzernen Fußbodens, die Frottage-Technik, es entsteht auch eine größere Anzahl von Bildern, deren Sujet in weiterem Sinne das Meer ist. Die meisten dieser Arbeiten sind in Öl auf Leinwand gefertigt, aber auch Holz und Karton tauchen als Bildträger auf. Bei unserem Gemälde hat der Künstler bewusst eine Glasscheibe verwendet, weil dieser Malgrund eine besondere Brillanz aufweist und zudem für die Technik der Schraffur mit dem einreihigen Marmorierkamm besonders geeignet ist. Die Komposition zeigt kobaltblaue, teils weiß aufgelichtete wellenförmige Linienbänder vor schwarzem Grund. Diese Liniaturen sind geformt wie ein Andreaskreuz, wobei die einzelnen Linien sich im Zentrum nicht einfach überschneiden, sondern zwischen einem vorderen und einem hinteren Band differenziert werden kann. Der horizontale Streifen in Weiß und hellem Blau nimmt ein Fünftel des Bildes ein. Durch die gegensätzliche, lichte Präsenz dieses Himmelstreifens erscheint das abgrundtiefe Meer als würde es ein Geheimnis hüten, welches ebenso im Zusammenhang mit dem Universum steht wie auch mit dem komplexen Bereich des Unter- und Unbewussten. Das Hinabtauchen in das Unterbewusste - ins Meer - mag eine Ausdehnung der seelischen Bereiche ins scheinbar Grenzenlose bedeuten. Mit traumhafter Sicherheit und dennoch entpersönlicht, versinnbildlicht Max Ernst hier seine Vorstellung von Transzendenz in Form des poetisch titulierten Gemäldes "La mer".

Werkverzeichnis

Spies/Metken 980

Provenienz

Sammlung Dr. Viktor Achter, Mönchengladbach (seit 1951); Privatsammlung Rheinland

Ausstellung

Brühl/Berlin 1951 (Schloss Augustusburg/Haus am Waldsee), Max Ernst Gemälde und Graphik 1920 - 1950, Ausst. Kat. Nr. 19 (hier "1926" datiert)