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Lot 1074 Dα

Zylinderbüro von David Roentgen

Auktion 1066 - Übersicht Köln
20.05.2016, 17:00 - Ausgewählte Objekte
Schätzpreis: 140.000 € - 160.000 €
Ergebnis: 198.400 € (inkl. Aufgeld)

Zylinderbüro von David Roentgen

Mahagoni auf Birke und Eiche, feuervergoldete Bronze, Messing. Zylinder durch Herausziehen der Platte zu öffnen, darunter drei Zargenschübe. Innen Fächer und Schübe, zwei davon über einen versteckten Druckmechanismus zu öffnen. Abschraubbare Beine.
Sehr schöner Bronzedekor aus milleraie-Bändern, Rosetten, Perlstäben und Sabots. Reste eines älteren Klebeetiketts. Beschläge des mittleren Schubes der Zarge erneuert. H 113,7, B 119,5, T 65 cm.
Neuwied, um 1790.

David Roentgen, geboren 11. August 1743 in Herrnhaag, gestorben 12. Februar 1807 in Wiesbaden, war der erfolgreichste und innovativste Möbeltischler der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Eingebettet in die Herrnhuter Brüdergemeinde, die die Unternehmungen der Roentgen Werkstatt bis zu einem gewissen Grad finanziell absicherten, konnten Abraham und später sein Sohn David sehr viel freier agieren als es andere Tischler vermochten, da sie als eine der ersten Werkstätten auf deutschem Boden unabhängig von einem fürstlichen Hof arbeiteten. Gleichzeitig, von Zunftzwängen befreit, beschäftigten sie für einzelne Gewerke Spezialisten, was ihnen ermöglichte, Möbel auf dem allerhöchsten Niveau zu bauen.

David übernahm offiziell im Februar 1772 die Werkstatt von seinem Vater, hatte aber schon sehr viel früher die betriebswirtschaftliche Leitung übernommen. Im Siebenjährigen Krieg in finanzielle Schieflage geraten, veranstaltete er 1769 eine Möbellotterie in Hamburg. Diese war ein voller Erfolg. Zum einen waren die Schulden der Werkstatt gedeckt, zum anderen war der Name Roentgen spätestens ab diesem Zeitpunkt überregional bekannt. Durch geschicktes Marketing fasste er ab Mitte der siebziger Jahre in Paris Fuß und trat 1780 der Zunft der Menuisiers-Ebénistes bei, wurde am französischen Hof eingeführt und bekam den Titel "Ebeniste-mécanicien du Roi et de la Reine" verliehen. 1783 fuhr David Roentgen nach St. Petersburg und schaffte es, in der Folge über 300 Möbelstücke an die Zarin Katharina II. zu verkaufen. Rückblickend stellt diese Lieferung eine der großartigsten logistischen Leistungen der Epoche dar.

Nachdem dem David Roentgen die Werkstatt von seinem Vater übernommen hatte, führte er die Produktion der bekannten Schreibtische mit Frontklappen fort. Er erweiterte das Angebot durch einen neuen Typus, den Schreibtisch mit Rollklappe (Zylinderbureau). Dieser war keine Erfindung David Roentgens, denn Riesener und Oeben hatten schon für den französischen Hof solche Möbel in prachtvollster Ausführung konstruiert. Die eigentliche Neuentwicklung bestand darin, dass der Zylinder unter Vermeidung von Lamellen aus einem Stück geschaffen und mit der Schreibplatte verbunden wurde. Die Neukonstruktion hatte den Vorteil besserer Laufeigenschaften, und es konnte eine großflächigere Marketerie darauf platziert werden.

Für das hier angebotene Möbel gibt es einige vergleichbare Stücke, was Proportionen und Maße angeht. Der früheste Schreibtisch dieser Art ist der für Maria Fjodorowna gebaute. Er wurde im Palast von Pawlowsk aufgestellt wurde, wo er noch heute im Zimmer der Hofdamen steht. Ein ehemals in Pawlowsk befindliches Stück verschenkte Zarin an ihre Tochter Katharina. Es befindet sich heute in einer amerikanischen Privatsammlung. Noch zwei weitere ähnliche Möbel tauchten in den letzten Jahren im Kunsthandel auf.

Provenienz

Kunsthandel Otto v. Mitzlaff, verst. Christie´s, London, am 13. Juni 2002, Lot 146
Sammlung Oberkirch

Literaturhinweise

Vgl. Kat. Extravagant Inventions, The princely furniture of the Roentgens, New York, 2012, Kat. 59.
Vgl. Fabian, Roentgen Möbel aus Neuwied, Bad Neustadt, 1986, S. 96 u. Abb. 124.
Vgl. Greber, Abraham und David Roentgen, Möbel für Europa, Band 1, Starnberg 1980, S. 243.
Vgl. Greber, Abraham und David Roentgen, Möbel für Europa, Band 2, Starnberg 1980, Abb. 678ff.