Giovanni Giacometti - Autoritratto (Selbstbildnis) - image-1

Lot 301 Dα

Giovanni Giacometti - Autoritratto (Selbstbildnis)

Auktion 1070 - Übersicht Köln
03.06.2016, 18:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 240.000 € - 290.000 €
Ergebnis: 310.000 € (inkl. Aufgeld)

Giovanni Giacometti

Autoritratto (Selbstbildnis)
1916

Öl auf Leinwand 61 x 50,3 cm gerahmt. Rückseitig blau signiert 'Giov.ni Giacometti'

Selbstporträts gehören genauso wie Bildnisse von Familienmitgliedern und Freunden zu den häufig vertretenen Sujets im Oeuvre Giovanni Giacomettis. In dem vorliegenden Gemälde präsentiert sich der Künstler in einer klassischen Dreiviertelansicht. Wie in einem weiteren „Autoritratto“ des Jahres 1916 (siehe Müller/Radlach 1916.02) wählt er als Standort einen Platz vor einem Fenster, wodurch sein Kopf von dem von hinten intensiv einströmenden Licht hinterfangen und in besonderem Maße betont wird. Es handelt sich bei der Raumsituation offenbar um das Atelier des Künstlers; dafür spricht das links neben der Person des Malers sichtbare, offenbar noch in Bearbeitung befindliche Gemälde. Es zeigt einen Tulpenstrauß in einer hohen Vase und wird von Paul Müller und Viola Radlach als das Stillleben „Tulipani“ (ebenda 1916.56) - gleichsam als 'Bild im Bild' identifiziert.
Charakteristisch für das malerische Werk Giovanni Giacomettis ist eine intensive Farbigkeit, die auch dieses Selbstbildnis auszeichnet. Das Gesicht des Malers ist in vielfach changierenden Violett- und Rottönen allein aus den Farbwerten wie plastisch modelliert gearbeitet. Der Oberkörper erfährt dagegen durch das bläuliche Dunkelgrau des Anzugs eine kompakte Geschlossenheit. Die Fensteröffnung im Hintergrund ist horizontal unterteilt in eine hellorangefarbene Halbgardine und das oberhalb sichtbare, in verschiedenen Nuancen leuchtende Grün der Vegetation im Außenraum. Starkfarbige Akzente setzen auch die roten Blüten und das dunkelgrüne Blattwerk des abgebildeten Stilllebens. Die Farbe ist in lockeren, großzügigen Pinselstrichen gesetzt und spricht für eine schnelle, spontane Arbeitsweise.
Deutlich wird in unserem Gemälde besonders die Faszination des Malers für das Licht, insbesondere das Sonnenlicht und seine Wirkung auf die Farben. „Das ‚Streben in das Wesen des farbigen Lichts einzudringen', bezeichnet Giacometti als sein vornehmliches künstlerisches Ziel. Diese Faszination bestimmt seine Motivwahl zeit seines Lebens. [...] Das Interesse an den Erscheinungen des Lichts äußert Giacometti weiterhin in der wiederkehrenden Darstellung von Motiven im Gegenlicht. […] Giacometti geht es in seinen Fensterdarstellungen, im Hintergrund von Selbstbildnissen oder Interieurszenen etwa, nicht um sinnbildliche Überhöhung, sondern um die optisch-ästhetischen Phänomene der Licht- und Farbkontraste.“ (Viola Radlach, Das Licht in der Malerei von Giovanni Giacometti, in: Giovanni Giacometti 1868-1933, Ausst. Kat. Kunstmuseum Winterthur u.a. 1996/97, S. 219, S. 215).

Werkverzeichnis

Müller/Radlach 1916.01; Registro dei quadri no 2, S. 15, Nr. 282

Zertifikat

Das Werk ist im Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft verzeichnet

Provenienz

Nachlass des Künstlers; Galerie am Stadelhofen, Zürich; Sammlung Eugen Loeb, Bern; Sammlung Anne-Marie Loeb, Muri (rückseitiger Rahmenaufkleber); Privatsammlung Süddeutschland

Literaturhinweise

Elisabeth Esther Köhler, Giovanni Giacometti 1868-1933. Leben und Werk, mit Werkverzeichnis, Zürich 1969, Nr. 242 (datiert 1915/16)

Ausstellung

Bern 1934 (Kunsthalle), Gedächtnisausstellung Giovanni Giacometti, Kat. Nr. 84 ("Selbstbildnis mit Blumenvase"); evtl. Zürich 1940 (Galerie Aktuaryus), Giovanni Giacometti, Cuno Amiet, Kat. Nr. 25; Zürich 1962/63 (Galerie am Stadelhofen), Giovanni Giacometti, Kat. Nr. 43 mit Abb. (datiert 1915/16); Biel 2001 (CentrePasquArt), Collections Loeb, Kat. Nr. 119, S. 109, S. 28 mit ganzseitiger Farbabb.