Alexej von Jawlensky - Variation - image-1

Lot 313 Dα

Alexej von Jawlensky - Variation

Auktion 1070 - Übersicht Köln
03.06.2016, 18:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 150.000 € - 200.000 €
Ergebnis: 115.000 € (inkl. Aufgeld)

Alexej von Jawlensky

Variation
Um 1916

Öl auf Halbkarton, auf Unterlagekarton montiert 32,6 x 25 cm (45 x 36,5 cm) Unter Glas gerahmt. Unten links blau monogrammiert 'A.J.' - Wie bei den "Variationen" häufiger, die oberen Ecken werkprozeßbedingt mit Reißnagellöchern, der Rand partiell farblich alt ergänzt.

„Ich fing nun an, einen neuen Weg in der Kunst zu suchen. Es war eine große Arbeit. Ich verstand, dass ich nicht das malen mußte, was ich sah, sogar nicht das, was ich fühlte, sondern nur das, was in mir, in meiner Seele lebte. Bildlich gesagt, es ist so: Ich fühlte in mir, in meiner Brust eine Orgel, und die musste ich zum Tönen bringen. Und die Natur, die vor mir war, soufflierte mir nur. Und das war ein Schlüssel, der diese Orgel aufschloß und zum Tönen brachte. Anfangs war es sehr schwer. Aber nach und nach konnte ich leicht mit Farben und Formen das finden, was in meiner Seele war.“ (Brief von Alexej von Jawlensky an Jan Verkade, 12. Juni 1938, zit. nach Clemens Weiler, Alexej von Jawlensky, der Maler und Mensch, Wiesbaden 1955, S. 39 ff.)
Die „Variationen über ein landschaftliches Thema“ bilden eine besondere Werkgruppe im Schaffen von Alexej von Jawlensky. Der Großteil dieser Arbeiten entstand in St. Prex am Genfer See, wohin der Künstler direkt nach Kriegsausbruch im Jahr 1914 gemeinsam mit Marianne von Werefkin floh. Seine Staffelei unmittelbar am Fenster platziert, variierte Jawlensky von hier aus immer und immer wieder den Blick aus seiner Wohnung auf den zum See führenden Parkweg.
Als Landschafts- und Fensterbilder stehen Jawlenskys Variationen in einer langen kunsthistorischen Tradition. Sie folgen dabei jedoch keinem mimetischen Konzept, sondern verweisen in Ihrer Vielfalt auf das Sentiment des Malers in dessen spezifischen Lebensumständen. Jawlenskys späte Reflexion über diese Arbeiten kündet eindrucksvoll von seinem synästhetischen Kunstbegriff und illustriert bildhaft die vertiefte Auseinandersetzung mit jener antimaterialistischen Grundhaltung zwischen Mystik, Religion und Spiritismus, die auch das Werk seines Zeitgenossen Wassily Kandinsky maßgeblich mitprägte. Die im unteren Bereich der Variation vorherrschende Vermittlung von Rot- und Blautönen mag vor dem Kontext der Schönberg-Rezeption durch die Mitglieder des Blauen Reiter verstanden werden. Beindruckt von dessen kompositorischen Überlegungen zu Dissonanz und Konsonanz versuchten Jawlensky, Kandinsky und Marc vielfach Arnold Schönbergs Ideen in die Malerei zu übertragen. In der vorliegenden Variation arrangiert Jawlensky die einzelnen Farben in harmonischer Ausgewogenheit und bringt sie in selten gesehener Intensität zum Klingen.

Werkverzeichnis

M. Jawlensky/Pieroni-Jawlensky/Jawlensky Bianconi, Vol. IV Addenda Vol. II, 2288 mit Farbabb. S. 426

Zertifikat

Mit einer Foto-Expertise von Maria Jawlensky/Lucia Pieroni-Jawlensky/Angelica Jawlensky Bianconi, Alexej von Jawlensky Archiv Locarno, vom 20. Februar 1997

Provenienz

Im Atelier des Künstlers erworben; Maria Scheffer, München (1921); Privatbesitz Rheinland; Lempertz, Köln, Moderne Kunst 7.6.1997, Lot 1262; Privatsammlung