Emil Nolde - Der Zecher (Rückenfigur eines sitzenden Mannes auf einem roten Stuhl) - image-1

Lot 457 D

Emil Nolde - Der Zecher (Rückenfigur eines sitzenden Mannes auf einem roten Stuhl)

Auktion 1070 - Übersicht Köln
03.06.2016, 18:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 20.000 € - 25.000 €
Ergebnis: 24.800 € (inkl. Aufgeld)

Emil Nolde

Der Zecher (Rückenfigur eines sitzenden Mannes auf einem roten Stuhl)
1908

Aquarell und schwarze Tusche auf dünnem Papier aus einem Skizzenbuch, rückseitig am unregelmässig gerissenen linken Rand und an den Ecken fest auf Kartonunterlage (14,8 x 9,8 cm) montiert 13,8 x 7,5 cm Unter Glas gerahmt. Unten rechts mit Feder und schwarzer Tinte monogrammiert 'N.' - Insgesamt leicht gebräunt mit minimalen Randmängeln; in originalem, farbfrischem Zustand erhalten.

"Das Aquarell ist im März 1908 in Cospeda entstanden, einem Dorf oberhalb von Jena, wo sich Nolde längere Zeit in dem Wirtshaus 'Grüner Baum zur Nachtigall' eingemietet hatte. Schon Napoleon hatte dort übernachtet. Nolde entdeckte die Aquarellmalerei mit einer Folge von Landschaftsaquarellen, die er zum Teil draußen bei Eis und Schnee gemalt hat und bei denen Eiskristalle und Schneeflocken besondere Strukturen in der Malerei hinterlassen haben. Nolde suchte im Schaffensvorgang die 'Mitarbeit der Natur', wie er es bezeichnete. 'Abends saßen mir als Modelle, es nicht wissend, die Bauern und Lastwagenfahrer', schreibt er im zweiten Band seiner Autobiografie 'Jahre der Kämpfe' (7. Auflage, Köln 2002, S. 90). Er malte und zeichnete als rasche, unmittelbare Notate das ihn umgebende, bunte Leben in der Wirtshausstube, zechende, kartenspielende und erregte debattierende Landleute.
Das kleine Aquarell hat Nolde mit einem besonderen Gruß im Juni 1947 einem Studenten in der Pfalz geschenkt, der schon 1937 als Achtzehnjähriger Kontakt zu dem Maler gesucht und mit ihm über die Kriegsjahre bis 1952 korrespondiert hat. Im Archiv in Seebüll befinden sich über siebzig Briefe, Post- und Ansichtskarten." (Manfred Reuther zur Expertise).
In der Grußschrift vom 10. Juni 1947, die im Archiv erhalten ist, betitelte Nolde das kleine Werk als "Der Zecher". Auf diese frühen, erstmals so spontan und frei entstandenen Blätter war Nolde damals sehr stolz: "Unmäßig viel hatte ich gearbeitet, glücklich packte ich die Aquarelle alle zusammen und trug sie eigenhändig, sie niemandem zeigend." (Emil Nolde, in: op. cit., Flensburg o.J., S. 90).

Zertifikat

Mit einer Foto-Expertise von Manfred Reuther, Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde, vom 27. Januar 2016

Provenienz

Privatbesitz Pfalz; ehemals pfälzische Privatsammlung, seitdem in Familienbesitz

Literaturhinweise

Emil Nolde, Jahre der Kämpfe, 1902-1914, Flensburg o.J. (2. Auflage), vgl. S. 89 f.