Ernst Wilhelm Nay - Frau mit Hahn - image-1

Lot 603 D

Ernst Wilhelm Nay - Frau mit Hahn

Auktion 1060 - Übersicht Köln
28.11.2015, 11:00 - Zeitgenössische Kunst
Schätzpreis: 60.000 € - 80.000 €
Ergebnis: 74.400 € (inkl. Aufgeld)

Ernst Wilhelm Nay

Frau mit Hahn
1948/1949

Öl auf Leinwand. 32 x 49,7 cm. Gerahmt. Signiert und datiert 'Nay. 48'. Rückseitig auf dem Keilrahmen signiert, datiert und betitelt 'Nay Frau mit Hahn 1949'.

In der ersten Hälfte der 40er Jahre konnte Ernst Wilhelm Nay während seiner Stationierung in Frankreich nur heimlich und sporadisch malen und zeichnen, es entstand neben Zeichnungen und Gouachen nur ein überschaubares malerisches Werk mit einer bereits stark abstrahierten Bildsprache. Das Ende des Zweiten Weltkrieges bedeutete für den Künstler daher einen regelrechten Befreiungsschlag. Da seine Berliner Wohnung ausgebombt worden war, ließ sich Nay in Hofheim im Taunus bei Freunden nieder und begann in einem leerstehenden Atelierhaus zu arbeiten. In den folgenden Jahren erarbeitete er ein Oeuvre, in dem er seine Kriegserlebnisse und seine Lebenssituation in dem verwüsteten Land in intensiv farbigen, weitgehend abstrakten Darstellungen umsetzte. Zusammengefasst wird diese Werkgruppe zwischen 1945 und 1948 unter dem Begriff der „Hekate-Bilder“, der Begriff leitet sich ab von den Bildtiteln „Tochter der Hekate I“, 1945 (Scheibler 337) und Tochter der Hekate II“, 1946 (Scheibler 366). Beide Werke können in der Tat exemplarisch für die Charakteristika dieser künstlerischen Epoche gelten: „Das für alle Werkepochen Nays verwandelt wiederkehrende Formvokabular von Kreis-, Spindel-, Schachbrett- und Handformen ist in den Hekate-Bildern sichtbar eingewoben in verschlüsselte Figuren- und Landschaftsassoziationen. Eruptiv oder verhalten, pastos in dunkler oder pastellfarbener Chromatik reflektieren die Hekate-Bilder Tragik und aufkommende Hoffnungen der Nachkriegszeit. In ihrer künstlerischen Meisterschaft lösen sie gleichzeitig alle Bedrängnis auf.“ (Elisabeth Nay-Scheibler, Die Hekate-Bilder 1945-1948, in: Aurel Scheibler, Ernst Wilhelm Nay, Werkverzeichnis der Ölgemälde, Bd. I, 1922-1951, Köln 1990, S.224).
Die titelgebende Frau mit Hahn ist in der Komposition nur assoziativ in einzelnen Bildzeichen erkennbar. So lassen sich das Augenpaar und eine Hand der Frau sowie der geöffnete Schnabel und das gespreizte Gefieder des Hahns ausmachen. Die Farbgebung beschränkt sich weitestgehend auf die teils mit Weiß abgemischten Grundfarben Gelb, Rot, Blau und Grün; schwarze Farbfelder und schwungvoll gesetzte weiße Umrisslinien durchgliedern die Bildfläche zusätzlich. Die „Frau mit Hahn“ und ähnliche späte Bilder der Werkgruppe deuten bereits die weitere künstlerische Entwicklung hin zu einer stärkeren, klar umrissenen Aufsplitterung der Bildfläche an, die die folgenden Schaffensjahre prägen wird.

Werkverzeichnis

Scheibler 453

Provenienz

Galerie Heseler, München 1987; Privatsammlung, Rheinland

Literaturhinweise

Galerie Heseler, 24. Katalog, Querschnitt Informel, München 1987, S.54/55 mit Farbtafel

Ausstellung

Köln 1954 (Galerie Der Spiegel), Ernst Wilhelm Nay, Bilder, Gouachen, Aquarelle und Zeichnungen von 1927-1954, Ausst.Kat.Nr.11